Beschreibung
Der aus Deutschland stammende, in Wien lebende Timo Brandt verkörpert jene rare Lebensform des Lyrik-Afficionados, der mit jedem Atemzug Verse anderer Dichterinnen und Dichter einsaugt und wahlweise Buchbesprechungen, Lyrikzitate oder eigene Verse ausatmet. Man vermutet bei ihm entsprechende organische Sonderbildungen im Respirationstrakt, vielleicht einen Poesiesack vergleichbar den dünnhäutigen, blasebalgartigen Luftsäcken der Vögel. Über die deutschsprachige Lyriklandschaft zieht Brandt jedenfalls seit einigen Jahren eine unübersehbare Flugspur aus beinahe täglich geposteten poetischen Lesefundstücken erster Güte, Rezensionen, Zeitschriften- und Anthologiebeiträgen und nicht zuletzt eigenen Gedichtbänden - sein vierter Einzeltitel binnen drei Jahren erscheint nun in der Reihe keiper lyrik. Brandts Belesenheit verschafft ihm ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Traditionslinien und Stilmittel der Lyrik, mündet aber niemals in epigonale oder überforcierte Schreibweisen, sondern vielmehr in eine spielerische Versiertheit und einen entspannten, mitunter geradezu kolloquialen Tonfall. Wo wir uns der Sprache gewiss zu sein meinen, tänzelt Brandt gerne einen Schritt weiter und führt uns auf das glatte Parkett unverhoffter Bedeutungsnuancen und dezenter Neologismen, auf dem er sich tritt- und stilsicher zu bewegen weiß. "Das Ich, ein Fittich, / gerät zum Fit-Ich", lautet eine dieser Pirouetten. Und an anderer Stelle das beinahe - aber eben nur beinahe - kalauernde Wortspiel: "Bisschen Gezieltes. / Ein gezielter Biss", das durchaus eine programmatische Lesart zulässt. Denn während die Gedichte in ihrem unangestrengt flanierenden Duktus gerne auch das notwendigerweise Unvollkommene (so ein Gedichttitel Brandts) in den Blick nehmen, sind sie doch immer im richtigen Moment auf Präzision getrimmt: zielen ein bisschen und beißen gezielt. (Helwig Brunner)
Autorenportrait
Timo Brandt, geboren 1992 in Düsseldorf, aufgewachsen in Hamburg, lebt seit 2014 in Wien. Studium der Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien, dort Mitherausgeber der Literaturzeitschrift JENNY. Schreibt Gedichte, Essays und Literaturrezensionen für Zeitschriften (z. B. Bella Triste, Metamorphosen, STILL, Seitenstechen), Anthologien und Online-Magazine (fixpoetry, Babelsprech.org). Einzeltitel: Enterhilfe fürs Universum (edition offenes feld, 2017), Ab hier nur Schriften (Aphaia, 2019) und Das Gegenteil von Showdown (Limbus, 2020). Einige Auszeichnungen und Förderungen, zuletzt Artist in Residence bei Prosanova 2017, Gisela-Scherer-Stipendium des Hausacher Leselenz (2018) und Wiener Arbeitsstipendium für Literatur (2018).
Leseprobe
Eines Teils Mit wie viel Details muss man sich letztlich zufrieden geben? So eine Frage aber nicht so eine Schadensbegrenzung die Lücke vom Impuls zur Dauer die Anzahl von Vögeln über den Stellen der wärmeren Strömung im eiskalten Meer kreisend. Hilft mehr oder weniger? Bisschen Gezieltes. Ein gezielter Biss. Was fressen Details? Ich streue aus was irgendwann sowieso herunterfällt von Ästelungen. Eine wachsende Ungeduld. Zeichen. Eh schon zerstieben. Bleiben die Details. Die Schonung. Keinesfalls eine Frage hinzu: wozu. (aber wirklich auseinanderdividieren kann man Symptome und Ursachen an vielen Stellen eh nicht mehr, ja)
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