Verenas Rezension:
“Der Nebel hat das Meer verschluckt. Wie eine Wand steht er dort, wo der Strand beginnt.”
So unheilschwanger startet der Roman der Berlinerin Helene Bukowski und so beklemmend geht es auch weiter. Eine verlassene Ge-gend, die überall und nirgends sein könnte, vor 100 Jahren, heute oder auch in der Zukunft. Nichts davon klärt Bukowski auf, auch nicht, was in der Welt passiert ist, das das apokalyptische Setting des Buches erklären würde.
Skalde und ihre Mutter Edith leben abge-schottet vom Rest der Dorfgemeinschaft am Waldrand. Abgeschottet ist auch die Gegend selbst, vor Jahrzehnten schon wurde die Brücke über den Fluss gesprengt, um vor dem namenlosen Grauen des Festlands sicher zu sein. Niemand im Dorf kann sich erklären, wie Edith es über den Fluss geschafft hat, doch plötzlich steht sie triefend am Ufer. Seither wird sie im Dorf mit Argwohn betrachtet, nie in die ohnehin brüchige Schicksalsgemeinschaft aufgenommen. Der Erfolg der Brückensprengung scheint ihnen trotz Edith recht zu geben, seit 20 Jahren ist sie die einzige Fremde in der Gegend. Doch plötzlich geschieht das Unglaubliche: Skalde findet im Wald ein junges Mädchen und wider besseren Wissens nimmt sie Meisis mit nach Hause und setzt so eine Verkettung bedrohlicher Ereignisse in Gang...
Dieses Buch hat bei mir wirklich nachhaltigen Eindruck hinterlassen. In einer extrem verknappten, manchmal fast schon fragmentarisch wirkenden Sprache schafft es Helene Bukowski meisterhaft, eine extrem beklemmende und doch auch hoffnungsvolle Atmosphäre zu schaffen. Die apokalyptische Grundstimmung, bei der man keine Ahnung hat, wie und warum sie überhaupt entstanden ist und die Bilder, die sie erzeugt, haben etwas absolut filmhaftes und mich sehr an den Film “Birdbox” erinnert. Ich habe “Milchzähne” an einem Abend verschlungen, weil die Vorstellung, schlafen zu gehen ohne das Ende zu kennen, mir absolut absurd vorkam.