Ich freue mich jetzt schon so sehr darauf, unseren Kund*innen im Laden „Mein Bruder“ von Karin Smirnoff ans Herz zu legen. Sätze wie „Mein Bruder ist echt toll“ oder „Mein Bruder hat mich wirklich gefesselt“ bieten sich ja geradezu an. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung von Hanser ein echt großer Wurf. Das Debüt der schwedischen Autorin weiß nämlich wirklich zu überraschen.
Jana kehrt nach vielen Jahren zurück in ihr Heimatdorf in Nordschweden. Im tiefsten Schnee macht sie sich auf den Weg zu ihrem Zwillingsbruder Bror und lernt unterwegs den älteren John kennen, mit dem sie eine Affäre beginnt, was Bror nun gar nicht mag. Jana nistet sich im alten Elternhaus ein, beginnt eine Stelle als Altenpflegerin und setzt sich mit ihrem neuen Leben in ihrer alten Heimat, wo jede*r jeden kennt, auseinander. Der Schnee beginnt zu schmelzen, und allmählich beginnt Jana sich an das zu erinnern, was sie zu verdrängen versuchte. An den Schmerz, der ihr in ihrem Elternhaus zugefügt wurde. An die Menschen, die sie verletzt hatte. An die Schuld, von der sie plötzlich heimgesucht wird.
Sie kümmert sich um ihren trinkenden Bruder, findet alte Briefe, trifft alte Bekannte und Tag für Tag versteht sie immer mehr was damals dramatisches passierte, bevor sie ihre Heimat für immer verlassen hatte.
Ohne Kitsch und Komma erzählt Karin Smirnoff ein großes Familiendrama. Die Ereignisse überschlagen sich in den kleinsten Nuancen, häufig ist es ein Schweigen oder ein leises Nicken, was Befürchtungen zum tragischen Ereignis auf dem elterlichen Hof bestätigen wird. Dabei vernachlässigt die Autorin nie einen gewissen Witz. Janas sarkastische Bemerkungen sind wirklich lustig, jedoch bleibt einem beim Lesen durchaus mal das Lachen im Hals stecken. Smirnoffs Sätze sind kurz und knapp, fast atemlos wird die Geschichte vorangetrieben. Für Fans der Romane von Juli Zeh, Anne B. Ragde oder Dörte Hansen sehr zu empfehlen, auch wenn karin Smirnoff manches mal mehr auf die Tube drückt.
Eine Besprechung von Sebastian.