Die sieben Leben der Katze

Roman

9,00 €
(inkl. MwSt.)
In den Warenkorb

Nicht lieferbar

Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442740277
Sprache: Deutsch
Umfang: 414 S.
Format (T/L/B): 3 x 19 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Was ist Liebe? Kann man Liebe zerstören? Und was passiert, wenn man es versucht? Eine Liebe in Zeiten des Krieges: der jamaikanische Chirurg Sem begegnet während des Balkan-Kriegs der verheirateten Bosnierin Zoja. Die beiden haben eine leidenschaftliche Affäre, doch als Zoja schwanger wird, entscheidet sie sich gegen das Kind und für ihren Mann und ihre Familie. Sem schwört Rache und will mit aller Gewalt die Liebe und die Erinnerung an Zoja zerstören: er beginnt Beziehungen mit Zojas beiden erwachsenen Töchtern. Doch er muss erkennen, dass Zojas Wunden viel tiefer sitzen, als er ahnt.

Autorenportrait

Die Autorin Janne Teller wurde 1964 in Kopenhagen geboren. Sie arbeitete als ökonomisch-politische Ratgeberin der EU und UN und lebt heute in Kopenhagen, New York und Paris. Seit 1995 ist sie hauptberuflich Schriftstellerin. Ihr Jugendbuch "Nichts" wurde 2001 mit dem Kinderbuchpreis des dänischen Kulturministeriums und 2008 in Frankreich mit dem renommierten Prix Libbylit als bester Jugendroman ausgezeichnet.

Leseprobe

"Ich habe zwei Töchter", sagst du. "Und einen Mann." Eine Weile ist es still. In die Luft, nicht zu mir, sondern zu dem Wind, der nicht existiert, zu den Autos, die nahe vorbeifahren, und zu den Bäumen am Straßenrand vor dem Restaurant, in dem wir sitzen, fügst du hinzu: "Das ist Geschichte." Ich betrachte das freundliche Wanken der Bäume in der nicht existierenden Brise, dann dich. Deine Art, still zu sitzen, ist ein gewölbter Wille wie der der Bäume. Mit deiner einen Hand stützt du den Kopf ab, die Finger in einem angebrochenen Gebet auf der Wange gespreizt, die andere liegt locker und doch fest auf der karierten Tischdecke, präzise anderthalb Fingerbreit von dem Fuß deines Glases entfernt. "Kann eine Geschichte nie zu einer anderen werden?", frage ich. "Nein", antwortest du, ohne zu zögern. Dein Zögern folgt später. "Vielleicht", sagst du langsam. "Vielleicht kann eine Geschichte sich in eine andere winden." Und lässt den Satz offen. Ich nicht. "Und diese?", frage ich, insistierend, hartnäckig, dumm. "Können sich meine und deine Geschichte ineinander winden?" Du antwortest nicht. Und genau das, dieses Ausbleiben einer Antwort, gibt mir Mut. Mut, den Arm in dem hochgekrempelten, leicht verschwitzten, allzu verschwitzten Hemdsärmel in Richtung deines Weinglases auszustrecken, auszustrecken in der 90-Grad-Bewegung, die ein Arm beschreiben muss, wenn er vom Abstützen des Kinns auf dem Ellenbogen auf dem Tisch zu dir hingelangen, wenn meine Hand von mir zu dir kommen, sich über deiner ausbreiten will, bittend und beharrlich wie eine Katze, anschmiegsam, flüsternd wie eine Katze, die noch nicht weiß, dass sie stampft. Und die groß und schwarz über deiner starken, zarten Hand verharrt, deiner langen, schmalen, redenden, stummen, weißen Hand. Und das Schwarze bin ich ebenso wie das Große, doch das Darunterliegende ist von Bedeutung, denn ich weiß nicht, was du ohne Worte sagen willst, selbst wenn ich zu wissen meine, was du mit Worten sagen würdest, falls du dich ihrer bedienen würdest. Doch schon bevor du nichts sagst, weiß ich, dass du dich dafür entscheiden wirst. Es gibt viele Arten, nichts zu sagen. Ich warte auf deine. Ich kenne sie, wie man das Brüllen des Nordwindes nachts in diesen Bergen kennt, wie man das Kitzeln von einer überreifen Feige kennt, noch bevor der Saft in einer langsamen, schwelenden Spur das Kinn hinunterläuft, wie man den Krieg, der gewesen ist, kennt und den, der kommt, nicht. Ich kenne sie, wie ich dich kenne. Überhaupt nicht, und ich werde sie nie besser kennenlernen. Das, was du nicht sagst, ist in deiner Hand, die so still wie eine Bombe auf dem Tisch liegt, die nicht weiß, wann sie hochgehen wird. Du tickst und tickst, das tust du. Tickst Schweigen. Tickst Zeit. Und ich will sie dir nicht geben, insistiere töricht und dringlich, von dem Schweigen deiner Hand zu einem Tanz aufgefordert, von dem ich nicht weiß, ob er getanzt oder getötet werden soll - körperlos werden soll, ein Körper ohne Füße, von denen es so viele, unheimlich, furchteinflößend viele gibt auf dieser Welt. "Können sich deine und meine Geschichte ineinander winden?" Ja, das habe ich dich auch schon früher gefragt, ich weiß. Doch früher habe ich dich mit Worten gefragt, jetzt frage ich dich mit der Hand, mit meiner großen, schwarzen Hand, die sich ihren Weg in deine weiße sucht ungeachtet, dass das in keiner Weise das bedeutet, was einige glauben mögen, denn das Bild ist kein anderes als das, das es ist: meine Hand auf dem Weg in deine. Diesmal antwortest du. Locker und unbekümmert, besänftigend und listig, leichtsinnig und lieb letztendlich mit einem Stampfen, für das es viele Namen gibt, die alle nicht mehr noch weniger abdecken, und das ich einfach als Stampfen bezeichne, das von mir zu dir geht, das kracht, dass sonst nichts in dieser Stadt zu hören ist, die schon viel zu viel gehört hat. Ich lasse dich nicht wieder los. Nicht einmal in dieser Stadt, in diesem Land, wo wir es besser wissen müssten, statt zu glaub Leseprobe