Beschreibung
InhaltsangabeInhalt Vorwort7 Einleitung Verena Blechinger-Talcott, Christiane Frantz, Marc R. Thompson9 Innenpolitik und Gesellschaft Regieren in Japan im Vergleich Verena Blechinger-Talcott29 Dominante Parteien in liberalen Demokratien: Die japanische LDP und die italienische DC im Vergleich Patrick Köllner45 Dezentralisierung als Herausforderung lokaler Demokratie? Gesine Foljanty-Jost 63 Der "deutsche Weg" Japans und die "Gänseflugformation" des asiatisch-pazifischen Raumes Mark R. Thompson83 Das Modell des ostasiatischen Entwicklungsstaates in der Revision Sebastian Heilmann103 Aufarbeitung der Geschichte als politischer Prozess Deutschland und Japan im Vergleich Gebhard Hielscher117 Außenpolitik - Interessen, Akteure, Prozesse Vor der Tür der Mächtigen Deutschland und Japan auf dem Weg in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen? Wichard Woyke151 Japans und Deutschlands sicherheitspolitische Identität nach dem 11. September 2001 Dirk Nabers169 Japan und die Weltwirtschaftspolitik Hartwig Hummel193 Japans Rolle in Südostasien Marco Bünte209 Japans "offener" Bilateralismus am Beispiel der Beziehungen zur Europäischen Union und zur ASEAN Howard Loewen225 Japanische Politik im regionalen und transnationalen Vergleich Internationalisierung ohne Einwanderung Der japanische Weg Dietrich Thränhardt251 Wirtschaftspolitische Reformen in Japan und Deutschland Das Verhältnis von Zentralstaat und Regionen Werner Pascha269 Zur Rolle der Zivilgesellschaft Schlaglichter aus dem Umweltschutz Gabriele Vogt289 Autorinnen und Autoren 311
Autorenportrait
Verena Blechinger-Talcott ist Professorin am Ostasiatischen Seminar der FU Berlin. Christiane Frantz lehrt Politikwissenschaft an der Universität Münster. Mark Thompson ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Leseprobe
Zur Politik und zum politischen System Japans wird in Deutschland - im Vergleich zu anderen Regionen der Welt - erst seit relativ kurzer Zeit geforscht. Im Gegensatz zu den USA, wo Gesellschaft und Politik Japans bereits seit den 1940er Jahren auf der Agenda amerikanischer Sozialwissenschaftler standen und im Zuge der Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg und die anschließende Besatzung Japans auch von staatlicher Seite gefördert wurden, und wo auch in der Folgezeit ehemals in Japan als Besatzungskräfte stationierte Sozialwissenschaftler ihr Interesse am Land und dessen Politik wissenschaftlich weiter verfolgten, wuchs das sozialwissenschaftliche Interesse an Japan und Ostasien in der Bundesrepublik Deutschland erst in den 1960er Jahren. Die universitäre Japanforschung war zu dieser Zeit vor allem durch die philologische Tradition geprägt und im Sinne der klassischen Japanologie auf Sprach- und Literaturwissenschaft ausgerichtet. Mit dem rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Japans wuchs jedoch in den 60er Jahren auch in Deutschland das sozialwissenschaftliche Interesse an den Hintergründen und institutionellen Rahmenbedingungen, die diese Entwicklung ermöglicht hatten. Schon 1956 war auf Initiative des Bundestages und des Auswärtigen Amtes das Institut für Asienkunde Hamburg mit dem Ziel gegründet worden, die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Asien wissenschaftlich zu erforschen. Das Institut verfügte von Beginn an über einen starken Japan-Schwerpunkt. 1965 startete die Volkswagen-Stiftung eine Initiative zur Förderung der gegenwartsbezogenen Ostasienforschung in Deutschland, die auch die Sozialwissenschaften mit einbezog. In der Folge nahm die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Ostasien und auch mit Japan in Deutschland stetig zu. Im Bereich der politikwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Japan gehört Paul Kevenhörster zu den Wissenschaftlern, die seit den 60er Jahren grundlegende Werke zum politischen System Japans vorlegten und damit das Land, zu dessen Politik es bis dahin kaum wissenschaftliche Arbeiten in deutscher Sprache gegeben hatte, als Forschungsgegenstand für die Politikwissenschaft in Deutschland erschlossen. Kevenhörsters Arbeiten befassten sich zunächst vor allem mit dem japanischen Wahlsystem, den politischen Meinungsbildungsprozessen und den Interdependenzen zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und politischen Institutionen (siehe z.B. Kevenhörster 1969, 1973). Später wandte sich sein Interesse auch der japanischen Außen- und Sicherheitspolitik zu (Kevenhörster 1999). Kevenhörsters Arbeiten betrachteten Japan dabei von Anfang an aus vergleichender Perspektive und analysierten die politischen Institutionen und Akteure niemals isoliert, sondern immer im Kontext anderer parlamentarischer Demokratien und vor dem Hintergrund der im Fach Politikwissenschaften geführten Theoriediskussion. Dies ermöglichte es auch anderen deutschen Politikwissenschaftlern, Japan als Fallbeispiel in ihre Analysen mit einzubeziehen und befruchtete damit die vergleichende politikwissenschaftliche Forschung. Ebenso motivierten seine Arbeiten zahlreiche an der sozialwissenschaftlichen Untersuchung des gegenwärtigen Japan interessierte Japanologen, deren Zahl vor allem seit den 1980er Jahren kontinuierlich anstieg. Kevenhörster selbst trug (und trägt noch immer) aktiv zum Austausch zwischen Japanologen und Politikwissenschaftlern bei. Dies zeigte sich zum Beispiel in seinem Engagement in der Vereinigung für Sozialwissenschaftliche Japanforschung (VSJF), die 1988 mit dem Ziel gegründet wurde, den Dialog zwischen Sozialwissenschaftlern und Japanologen zu fördern und deren Vorstand Kevenhörster viele Jahre angehörte, oder auch in seiner aktiven Mitarbeit im wissenschaftlichen Beirat des Instituts für Asienkunde Hamburg sowie des Deutschen Instituts für Japanstudien (DIJ) in Tokyo, die ebenfalls die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Japan ins Zentrum ihrer Forschungstätigkeit stellen. Heute nimmt die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem modernen Japan breiten Raum innerhalb der deutschen Japanologie ein und steht gleichberechtigt neben der kulturwissenschaftlichen und philologischen Japanforschung. Gleichzeitig wird Japan auch im Bereich der vergleichenden Politikwissenschaft oft als Fallbeispiel herangezogenen. Die Beiträge im vorliegenden Band stehen stellvertretend für diese Entwicklung und stellen die einzelnen Facetten der politikwissenschaftlichen Japanforschung in Deutschland vor: Es finden sich Arbeiten sowohl zu den institutionellen Rahmenbedingungen und zentralen Akteuren im politischen System Japans als auch zur Außenpolitik und zentralen Politikfeldern. Auch die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes repräsentieren das breite Spektrum der politik- und sozialwissenschaftlichen Forschung zu Japan in Deutschland. Neben universitären Forschern an politik- bzw. sozialwissenschaftlichen oder japanologischen Lehrstühlen sind Wissenschaftler aus den zentralen Forschungsinstituten der deutschen Japanwissenschaft, dem Deutschen Institut für Japanstudien in Tokyo und dem Institut für Asienkunde in Hamburg vertreten. Fragt man nun nach den zentralen thematischen Diskursen, die die politikwissenschaftliche Japanforschung in Deutschland wie auch international geprägt haben und heute noch prägen, so lassen sich im Bereich des politischen Systems und der politischen Entscheidungsprozesse Japans vor allem drei Bereiche identifizieren: a) das Verhältnis zwischen Politik und Bürokratie, b) Wege und Prozesse der Artikulation politischer Interessen und c) die Frage nach der Innovations- und Reformfähigkeit des politischen Systems. Das gemeinsame Leitmotiv dieser Diskurse ist dabei die Frage nach dem Wesen der Demokratie in Japan und danach, ob und inwieweit sich die japanische Ausprägung der Demokratie mit anderen westlichen Modellen demokratischer Regierung in Einklang bringen lässt, wo sich Unterschiede zeigen und wie diese erklärt werden können. Die Diskussion über das Verhältnis zwischen Politik und Bürokratie hat seit den 1950er Jahren die sozialwissenschaftliche Japanforschung geprägt. Ausgangspunkte der Debatte sind hierbei die führende Rolle der Ministerialbürokratie bei der Erarbeitung von Gesetzesinitiativen, der hohe Gestaltungsspielraum der Verwaltung bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben sowie die enge personelle Verflechtung zwischen Bürokratie und Politik einerseits und zwischen Bürokratie und Wirtschaft andererseits. Die zentrale Funktion der Bürokratie als Initiator, Planer und ausführendes Organ politischer Maßnahmen wurde dabei insbesondere im Bereich der Wirtschaftspolitik thematisiert. Der Politologe Chalmers Johnson leitete hieraus sein Modell von Japan als "Entwicklungsstaat" (developmental state) ab und argumentierte, dass insbesondere die Aktivitäten der technokratisch planenden Ministerialbürokratie den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Japans vom Entwicklungsland zum Industriestaat innerhalb von nur 20 Jahren erklären könnten. Die Beamten, insbesondere im wirtschaftspolitisch bedeutenden Ministerium für Internationalen Handel und Industrie (MITI), hätten aufbauend auf ihrem umfassenden Fachwissen strategisch wichtige Wirtschaftsbereiche identifiziert und gezielt Fördermaßnahmen eingeleitet, die es japanischen Unternehmen ermöglichten, binnen kurzer Zeit eine führende Stellung auf dem Weltmarkt einzunehmen. Japans Wirtschaftspolitik sei daher von einem hohen Maß an staatlicher Planung und Intervention geprägt, orientiere sich jedoch im Kern an marktwirtschaftlichen Prinzipien (Johnson 1982). Aus der Diskussion um Japan als Entwicklungsstaat entstand in der Folgezeit die Debatte darüber, inwieweit dieses japanische Modell der Entwicklung auf andere Staaten in Ostasien und darüber hinaus übertragbar sei (Woo-Cumings 1999, siehe auch die Beiträge von Thompson und Heilmann in diesem Band). Der zweite wichtige Diskurs zum Verständnis des poli...
Inhalt
Inhalt Vorwort7 Einleitung Verena Blechinger-Talcott, Christiane Frantz, Marc R. Thompson9 Innenpolitik und Gesellschaft Regieren in Japan im Vergleich Verena Blechinger-Talcott29 Dominante Parteien in liberalen Demokratien: Die japanische LDP und die italienische DC im Vergleich Patrick Köllner45 Dezentralisierung als Herausforderung lokaler Demokratie? Gesine Foljanty-Jost 63 Der "deutsche Weg" Japans und die "Gänseflugformation" des asiatisch-pazifischen Raumes Mark R. Thompson83 Das Modell des ostasiatischen Entwicklungsstaates in der Revision Sebastian Heilmann103 Aufarbeitung der Geschichte als politischer Prozess Deutschland und Japan im Vergleich Gebhard Hielscher117 Außenpolitik - Interessen, Akteure, Prozesse Vor der Tür der Mächtigen Deutschland und Japan auf dem Weg in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen? Wichard Woyke151 Japans und Deutschlands sicherheitspolitische Identität nach dem 11. September 2001 Dirk Nabers169 Japan und die Weltwirtschaftspolitik Hartwig Hummel193 Japans Rolle in Südostasien Marco Bünte209 Japans "offener" Bilateralismus am Beispiel der Beziehungen zur Europäischen Union und zur ASEAN Howard Loewen225 Japanische Politik im regionalen und transnationalen Vergleich Internationalisierung ohne Einwanderung Der japanische Weg Dietrich Thränhardt251 Wirtschaftspolitische Reformen in Japan und Deutschland Das Verhältnis von Zentralstaat und Regionen Werner Pascha269 Zur Rolle der Zivilgesellschaft Schlaglichter aus dem Umweltschutz Gabriele Vogt289 Autorinnen und Autoren 311
Schlagzeile
Das politische System Japans>