Beschreibung
Der junge Fotograf Irvin Mirsky lebt in einer Welt, in der der globale Kapitalismus das Leben der Menschen in Besitz genommen hat. Neugeborene werden Nivea oder Gucci genannt, da große Konzerne für die Namensgebung bezahlen. Ein Stipendium führt Irvin nach City, den unwahrscheinlichsten aller Orte, wie die neue Hauptstadt Supereuropas genannt wird. Dort versucht er der Sucht zu entkommen, die ihn seit seiner Jugend verfolgt: Er ist abhängig vom Internet. Auf der Suche nach innerer Ruhe trifft er Lina, die Frau seines Lebens. Während Lina zur Ikone der öffentlichen Revolte wird, die das Leben aus den Fesseln der Virtualität befreien will, überwindet Irvin seine Abhängigkeit und versucht die Welt seinerseits von der Übermacht der Bilder zu befreien. Der Roman erzählt in Lichtgeschwindigkeit über Liebe und Abhängigkeit, über Manipulation und Widerstand.
Autorenportrait
Michal Hvorecky, geboren 1976, lebt in Bratislava. Auf Deutsch erschienen bereits drei seiner Romane und eine Novelle. Hvorecky verfasst regelmäßig Beiträge für die FAZ, Die Zeit und zahlreiche Zeitschriften. In seiner Heimat engagiert er sich für den Schutz der Pressefreiheit und gegen antidemokratische Entwicklungen.
Leseprobe
Die meisten meiner Mitschüler waren nach berühmten Marken benannt. Das war modern, als unsere Eltern jung waren. Man konnte dafür von den Firmen viel Geld bekommen, deshalb rissen sich die Familien regelrecht darum. In den Kinderwagen wimmelte es damals nur so von Babys, die nach Autos, Lebensmitteln, Möbeln oder Parfums benannt waren. Die Mädchen hießen Lancia, Nivea, Novartis, Porsche oder Mazda, die Jungs Gucci, Evian, Hilfiger oder Renault. Noch schlimmer dran waren die Kinder, die einen unerträglich langen Namen wie GlaxoSmithKline, Time Warner Cable oder Doppelnamen wie Delloitte & Touche trugen. Viele Mitschüler mußten zudem während ihrer Schulzeit mehrfach den Namen wechseln, wenn die von ihnen beworbene Firma verkauft wurde oder gar Pleite ging. Die meisten mochten ihre Namen nicht, aber sie konnten ja nichts dagegen tun. Aus ihren Verträgen kamen sie nicht heraus. Eine Auflösung hätte ein Vermögen gekostet. Wenn sie sich vorstellten, mußten sie außer ihrem Namen oft auch den Slogan aufsagen, wofür es von den Firmen noch mehr Geld gab. 'Hallo, ich bin McDonald's. Ich liebe es', stellte sich mir ein Mitschüler vor. 'Schön dich kennenzulernen, ich bin Apple. Think different', verkündete meine Banknachbarin. 'Hallo. Irvin? Hier ist Vichy, weil Gesundheit auch Hautsache ist', tönte aus dem Telefonhörer. Ich selbst bin nur verschont geblieben, weil es diese Mode zu der Zeit, als mein Bruder geboren worden war, noch nicht gab. Ein normaler Name - das ist das einzige, wofür ich ihm dankbar bin. Meine Eltern bekamen schon in der Entbindungsklinik zahlreiche Angebote, aber ihr Entschluß, mich zu einem Ersatzmann zu machen, war stärker.