Prinzessin Aubergine

Märchen aus dem Pandschab

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783717540564
Sprache: Deutsch
Umfang: 93 S.
Format (T/L/B): 0.9 x 17.4 x 10.8 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Auf dem Zauberteppich durch Indien «Eines Tages ging ein Bauer mit seinem Ochsen zum Pflügen aufs Feld. Er hatte gerade die erste Furche gezogen, als ein Tiger zu ihm trat und ihn folgendermaßen begrüßte: » Die beherzte Ehefrau, die sich in den Kleidern ihres Mannes dem Kampf mit einem Tiger stellt, der linkische Barbier, der seinen Kunden statt der Haare die Ohren abschneidet, eine verwunschene Prinzessin und ein gesalzener König sind nur einige der schillernden Helden in dieser Auswahl zauberhafter Märchen und Fabeln aus dem Nordwesten Indiens. Gesammelt von der schottischen Schriftstellerin Flora Annie Steel (1847-1929), überraschen bei aller Exotik manche der zehn Geschichten auch mit vertrauten Motiven, die vor Urzeiten den Weg ins europäische Volksmärchen genommen haben.

Leseprobe

ES WAR EINMAL. Möchtest du wissen, wie das ist, wenn man sich die folgenden Geschichten erzählt? Dann komm mit, und du wirst es erfahren. Hier, nimm meine Hand und hab keine Angst, denn Prinz Hassans fliegender Teppich trägt uns. Schon sind wir - Hokuspokus! Simsalabim! -in einem Dorf im Pandschab. Gerade geht die Sonne unter. Über der grenzenlosen Ebene, so unendlich und weit wie der wolkenlose Himmel, kühlt die Hitze in den allmählich länger werdenden Schatten langsam ab. Die Männer beenden ihre Arbeit auf den Feldern, die das Dorf aus Lehmbauten wie eine Oase in der Wüste umgeben, und treiben, den Pflug geschultert, ihre Ochsen heimwärts. Die Frauen stellen ihr Spinnrad beiseite und bereiten ein einfaches Abendessen zu. Die kleinen Mädchen strömen, einen Korb auf dem Kopf balancierend, vom Rande des Dorfes herbei, wo sie den ganzen Tag lang Fladen aus Dung geknetet, getrocknet und zu Haufen aufgestapelt haben - in diesem waldlosen Land sind sie ein unersetzlicher Brennstoff. Die Jungen sind fast ganz in Staubwolken gehüllt und treiben magere Viehherden und kräftige Büffel in die mit Dornenhecken umfriedeten Höfe. Der Tag ist vorüber - ein Tag, der selbst für die Kinder hart und arbeitsam war -, und mit der Nacht kommt die Zeit der Muße und des Spiels. Das Dorf, das vorher so verlassen dalag, ist plötzlich von Stimmen erfüllt. Die Alten versammeln sich an den Türen der Gehöfte, und die Kleinen toben durch die engen Gassen. Sobald die kurze indische Dämmerung aber der Dunkelheit weicht, verstummen die Stimmen, eine nach der anderen, und wenn dann die Sterne aufgehen, sind die Kinder verschwunden. Jedoch nicht, um schlafen zu gehen, dafür ist es noch zu heiß. Die Sonne hat den ganzen Tag auf Lehmwände, Böden und Dächer herabgebrannt und ihre Wärme dort hinterlassen. Erst um Mitternacht wird eine kühle Brise aufkommen, die Erfrischung und Ruhe verspricht. Wie verbringt man die langen dunklen Stunden bis dahin? Im ganzen Dorf findet sich weder Lampe noch Kerze, das einzige Licht - und auch das wird nur sparsam verwendet, und wenn es unbedingt notwendig ist - spendet die trübe, rußende Flamme eines von Öl gespeisten Dochts. Und doch vergehen diese Stunden in Dunkelheit nicht trostlos, denn in einem indischen Dorf ist eben das die Zeit des Geschichtenerzählens. Bereitwillig ist man bis dahin dem wohlbekannten Grundsatz gefolgt, der solch eitle Vergnügungen zwischen Sonnenauf- und -untergang verbietet. Frag den kleinen Kaniya dort drüben, warum er, der beste Geschichtenerzähler im Dorf, vor Sonnenuntergang niemals seinen Mund aufmacht. Er wird mit einem breiten Grinsen, das seine weißen Zähne und dunklen Augen zum Blitzen bringt, antworten, daß die Reisenden von ihrem Weg abkommen, wenn faule Jungen und Mädchen tagsüber Geschichten erzählen. Naraini, das Hirtenmädchen, wird ihren Kopf senken und ihr dunkles Gesicht mit einem Fetzen von einem Schleier bedecken, wenn du sie das fragst. Der kleine Ram Das wird mißbilligend seinen kahlgeschorenen Schädel schütteln. Aber keines der dunkelhäutigen, barfüßigen Dorfkinder wird deiner Bitte um eine Geschichte nachkommen. Nein, nein! Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, wenn selbst die Kleinen mit anpacken müssen, nicht ein einziges Wort. Aber von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang, wenn niemand arbeiten kann, stehen die Münder nicht still, denn dann ist die Zeit des Geschichtenerzählens. Nachdem sie ihr karges Mahl eingenommen haben, ziehen die Kinder ihre aus Schnüren geflochtenen charpois mit den hölzernen Füßen ins Freie und lassen sich wie junge Vögel im Nest darauf nieder, drei oder vier auf einem Bett. Andere rollen sich auf dem Boden auf Matten zusammen, und wieder andere, die sich aus entfernteren Gassen für ein Stündchen herbeigestohlen haben, bitten hier oder dort um einen Platz. Über ihnen funkeln die Sterne, die Mücken sirren durch die aufgeheizte Luft, der Dorfhund bellt eingebildete Feinde an, und von einem überfüllten Nest nach dem anderen erhebt sich eine K Leseprobe

Schlagzeile

Kleine Juwelen aus der indischen Literatur. Aus dem Englischen übersetzt von Axel Monte.>