Ein Ufo, dachte sie

Roman

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783813503531
Sprache: Deutsch
Umfang: 220 S., 20 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 2.3 x 20.5 x 13.4 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Eine herrliche Satire auf blinden Fortschrittsglauben in China und anderswo Spätestens seit dem »Kleinen Wörterbuch für Liebende« hat die in London lebende Chinesin Xiaolu Guo die deutschen Leser mit ihrem hintergründigen Witz und literarischen Scharfsinn für sich begeistert. In ihrem neuen Buch lässt sie ein UFO mit der chinesischen Obrigkeit kollidieren. Der ko(s)mische Zusammenstoß bringt bürokratischen Irrsinn und ideologisch verbrämte Dummheit zum Vorschein, die nicht nur in China ihr Unwesen treiben. Einer jungen Bäuerin aus der hintersten Ecke Chinas widerfährt eines Morgens im Jahre 2012 etwas Unglaubliches: sie entdeckt in einem Reisfeld ein UFO und einen verletzten Fremden. Nachdem sie sich von ihrem Schrecken erholt hat, leistet sie ungeachtet aller Gesetze und Regeln Erste Hilfe und nimmt den Alien mit nach Hause. Am nächsten Tag ist er verschwunden. Dafür tauchen Vertreter der Staatsmacht aus Beijing auf, und eine Kontrollmaschinerie kommt in Gang, die das Dorf überrollt. Alles und jeder wird überprüft. Schließlich, auf dem Höhepunkt der Hysterie, trifft ein Scheck über 2000 Dollar ein, geschickt vom geretteten Alien aus Amerika. Das Geld des Klassenfeinds bringt die Verhältnisse in dem beschaulichen Dorf nun endgültig zum Tanzen .

Autorenportrait

Xiaolu Guo wurde 1973 in einer kleinen Stadt am chinesischen Meer geboren. Mit achtzehn ging sie nach Beijing, studierte dort an der Filmhochschule. und schrieb fünf Romane. Im Jahr 2002 zog sie nach London. Sowohl in China als auch in ihrer britischen Wahlheimat machte sie sich als Filmemacherin und Schriftstellerin einen Namen. Mit "Kleines Wörterbuch für Liebende" gelang ihr 2008 der internationale Durchbruch. Im Knaus Verlag erschien 2005 von Xiaolu Guo bereits der Roman "Stadt der Steine".

Leseprobe

Nationale Sicherheitsbehörde und Amt für nachrichtendienstliche Ermittlungen der Provinz Hunan Der UFOFall 09112012 Aufgenommen: September 2012 Abgeschlossen: Noch nicht abgeschlossen Ausführende Agenten: Agent Beijing 1919 Agent Hunan 1989 De 2 10.2012 / Gesprächsprotokoll 001 VERHÖRTE BÜRGERIN: Chang Lee, Ortsvorsteherin von Silberberg TAG DER VERNEHMUNG: 14. September 2012 ALTER: 52 GESCHLECHT: weiblich AUSBILDUNG: Militärhochschule Hunan, Fachbereich Agrarwissenschaften POLITISCHER STAND: Kommunistin FAMILIENSTAND: verheiratet, ANSCHRIFT: Kiefernboden Ost, Silberberg, Haus 059 ANWESENDE AGENTEN: Agent Beijing 1919 Agent Hunan 198 9 BJ 1919: Gut. Fangen wir an. Bitte nehmen Sie Platz. Würden Sie uns zunächst Ihren Namen und politischen Stand bestätigen? Läuft das Gerät schon? Schön. Sie dürfen gern alles aufzeichnen, was ich sage. Ich habe nichts zu verbergen, für unsere Kommunistische Partei steht mein Herz immer offen. Wie Ihre Behörde weiß, lautet mein Name Chang Lee. Ich bin Ortsvorsteherin des Dorfes Silberberg und kann guten Gewissens behaupten, dass ich in den zwanzig Jahren, die ich diese Position jetzt innehabe. BJ 1919: Vielen Dank, Chang Lee. Bitte beantworten Sie nur meine Fragen. Wenn wir etwas wissen wollen, fragen wir. Und bitte drücken Sie sich klar und deutlich aus. Ich bin aus Beijing hergeschickt worden, um herauszufinden, was zum Teufel hier vorgefallen ist, und ich habe nicht vor, einen Tag länger in diesem fliegenverseuchten Dreckloch zu bleiben als unbedingt nötig. HN 1989: Schon gut, schon gut. Denken Sie sich nichts, Ortsvorsteherin Chang. Er ist sauer, weil er drei Tage und Nächte in einem unbequemen Armeelaster verbringen musste, um von Beijing hierherzukommen. Außerdem versteht er unseren Dialekt nicht besonders gut. Ich selbst komme von der Polizeibehörde Hunan in unserer Provinzhauptstadt Changsha. Fangen wir mit dem Einfachen an. Im Parteibüro von Changsha ist gerade ein Bericht von Ihnen eingegangen. Es war der erste seit langer Zeit aus Ihrem Dorf. Erzählen Sie uns doch ein wenig über Silberberg. Aber gern, natürlich. Pflichterfüllung hat für mich oberste Priorität. Wie ich vorhin schon sagen wollte, ist unser Dorf in China nicht ganz unbekannt. Unser großer Führer, der Vorsitzende Mao, wurde nur fünfzehn Kilometer von hier entfernt geboren. Die Sicherheitsbehörde weiß das bestimmt genauso gut wie wir hier. BJ 1919: Geben Sie mir einen Straßenplan des Dorfs. Bitte verzeihen Sie, wir haben leider keinen offiziellen Straßenplan, aber ich kann Ihnen das Dorf auf diesem Notizblock skizzieren, wenn Sie sich mit meiner schlichten Zeichnung zufriedengeben wollen. Wie Sie bereits gesehen haben, Genossen, ist Silberberg ein einfaches Dorf mit Tee- und Reisfeldern, deren Erträge unsere Haupteinkommensquelle bilden. Es gibt auch noch ein paar nichtkommunale, private Fischfarmen, außerdem verschaffen sich einige unserer Bauern ein Nebeneinkommen durch die Herstellung von scharfer Chilipaste. Das Dorfzentrum ist recht klein und beschränkt sich auf eine schmale Straße, doch man findet alles, was man zum Leben braucht. Die Leute kaufen und verkaufen dort ihr Gemüse; sie können Öl, Kohlen oder Glühbirnen erwerben, ihr Wasserkontingent abholen und Briefe aufgeben (vorausgesetzt, sie gehören zu den Dorfbewohnern, die lesen oder schreiben können). Wir haben eine Grundschule, in der regelmäßig Unterricht für unsere Kinder stattfindet. BJ 1919: Einwohnerzahl? Einwohner? Vierhundert Bauern. Einhundert Arbeiter. Unsere Bürgerinnen und Bürger haben sich an die Ein-Kind-Politik gehalten, deshalb ist unser Dorf nicht mehr gewachsen. Jetzt fehlt es uns an jungen Menschen. Der Name Silberberg geht auf die Song Dynastie, nein, Entschuldigung, auf die Yuan Dynastie vor 700 Jahren zurück. Oder war es die Tang Dynastie vor i200 Jahren? Egal, in der Kaiserlichen Chronik findet die Region ihre erste offizielle Erwähnung Leseprobe