Elsas Stern

Ein Holocaust-Drama

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783862823109
Sprache: Deutsch
Umfang: 276 S.
Format (T/L/B): 2 x 20.6 x 13.8 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird die junge Jüdin Elsa nach Auschwitz deportiert. Die Begegnung mit dem skrupellosen KZ-Arzt Erich Hauser verändert ihr Leben auf grausame Weise. Fast 35 Jahre bewahrt sie das Geheimnis, bis sie eines Tages ihrem Peiniger in einem New Yorker Restaurant wiederbegegnet. Elsas Tochter Leni erfährt erst aus dem Tagebuch ihrer Mutter von der tragischen Geschichte ihrer Familie, die in Auschwitz mit Menschenexperimenten begann Lenis Gedanken werden daraufhin von einem unweigerlichen Ziel bestimmt: Dr. Hauser für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.

Autorenportrait

Agnes Christofferson, geboren 1976 in Deutsch Eylau, Polen, lebt seit ihrem 12. Lebensjahr in Deutschland. Nach abgeschlossener Berufsausbildung folgten Heirat und die Geburt eines Sohnes. Bereits seit der Jugend begleitet sie das Schreiben und seit 2008 ist sie als Autorin tätig: Unter dem Pseudonym Julienne Christofferson erfolgten diverse Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften sowie ein Beitrag als Co-Autorin eines Drehbuches und vier Romane. Agnes Christofferson lebt mit Ehemann, Sohn und Hund in Herford, Nordrhein-Westfalen.

Leseprobe

Prolog --- Mai, 1947 Liebste Hanna, es ist viel passiert seit meinem letzten Brief. Ich bin in Amerika angekommen und Tante Viktoria und Onkel Emeram haben mich herzlich aufgenommen. In New York habe ich ein neues Zuhause gefunden und mich bereits gut eingelebt. Auch dir würde New York gefallen! Es ist so, wie wir es uns vorgestellt haben: riesig und voller Leben. Du könntest hier Medizin studieren. So wie du es immer wolltest. Ich muss gestehen, dass ich ein wenig nervös war, denn immerhin eilte mir ein gewisser Ruf voraus; ich bin unverheiratet und habe ein Baby. Du weißt ja, was die Leute in unserer Gemeinde von solchen Mädchen hielten. Doch Onkel und Tante zeigten Verständnis. Mein Verlobter war schließlich in den Kriegswirren durch die Hand der Nazis umgekommen; solch ein Schicksalsschlag sollte gewiss niemanden ereilen. Hier habe ich ein gottgefälliges Zuhause gefunden und Tante sagt, durch harte Arbeit und ein anständiges Leben würde ich Vergebung für meine Sünden finden. Ich werde also eine wunderbare Chance erhalten, mich reinzuwaschen. Mein Geheimnis ist somit sicher. Apropos Geheimnis, Salome gedeiht prächtig. Obwohl wir eine sehr schwere Zeit hinter uns haben, verläuft ihre Entwicklung normal. Sie hat blondes Haar und ein bezauberndes Puppengesicht. Tante hat sie unter ihre Fittiche genommen, damit ich wieder auf die Kunstschule kann. Sie ist unglaublich gut mit Kindern. Kaum zu glauben, dass sie selber nie Kinder hatte. Um so mehr sehe ich Salome als ein Geschenk Gottes. Ich muss mich ihrer ganz sicher nicht schämen! Ich bereue nichts. Auch bereue ich nicht, dass ich Salomes Geheimnis um ihre Herkunft für mich behalte. Hanna, es gibt einen Grund, weshalb ich dir ausgerechnet jetzt schreibe. Es ist etwas Wunderbares passiert. Ich habe mich verlobt und werde im Sommer heiraten! Ist das denn zu glauben? Du wirst nie erraten, wer mein Verlobter ist. Es ist Jared Aronsohn, der Sohn des Anwalts, der Vaters Vermögen in Amerika verwaltet. Unglaublich! Er ist drei Jahre älter als ich und Jurastudent. Er wird Anwalt, genau wie sein Vater. Wir sind uns 1945 begegnet und es ist mir ein Rätsel, weshalb er sich in mich verliebt hat. Ich habe ein Baby und bin immer noch viel zu dürr. Jared sagt, er liebt Kinder über alles und noch mehr liebt er magere Frauen. Offenbar gibt es Kräfte auf der Erde, die wir nie verstehen werden. Nachdem sich unsere Verlobung herumgesprochen hat, sehen mich die Leute nun ganz anders. Sie sind noch höflicher und zuvorkommender zu mir. Meine zukünftigen Schwiegereltern sind sehr wohlhabend und angesehen. Sie sind noch vermögender, als wir es waren! Und genau das bringt ein paar Probleme mit sich. Meine zukünftige Schwiegermutter Mona ist eine sehr gottesfürchtige und traditionsgebundene Frau. Offenbar gibt die Identität von Salomes Vater Anlass zu allerhand Spekulationen. Ich habe sie schon flüstern hören, ich sei eine Hure! Befleckt wäre ich und ihres Sohnes nicht würdig! Sie sagte auch, sie habe ihren Sohn nicht zu einem gottesfürchtigen, achtbaren und tugendhaften Menschen herangezogen, damit er eine dahergelaufene, deutsche Hure heiratet. Das beunruhigt mich. So viel Zorn ist nicht gut für uns. Gewiss wird sie mich bald besser kennenlernen. Vielleicht wird sie mich sogar mögen? Ich bin keine Hure. Wir beide wissen das. Und Jared weiß es auch. Ich habe ihm mein Geheimnis anvertraut. Er war schockiert, dennoch ist er in Bezug auf unsere Zukunft zuversichtlich. Nun gut, ich werde diesen Brief jetzt beenden. Die Sonne scheint so schön, deshalb will ich mit Salome in den Park gehen. Wir haben nämlich einen wunderbaren Park direkt vor der Tür - den Central Park. Er ist riesig! So einen Park hast du ganz sicher noch nie gesehen! Du würdest es hier genauso lieben wie ich! Herzlichst Deine Schwester Elsa Kapitel 1: New York, Frühjahr 1979 Samstag Dem Mann, der unser Leben gänzlich erschüttern sollte, begegneten wir in einem Restaurant. Es geschah an einem jener Tage, an denen das Leben ruhig und in geregelten Bahnen verlief; ein gewöhnlicher Samstag mit einem gewöhnlichen Tagesablauf und den üblichen Pflichten. Ich war 25 Jahre alt, Single und verbrachte meinen freien Tag damit, meine Kleidung von der Reinigung abzuholen, mein Auto zu waschen und mit meiner älteren Schwester Salome zu telefonieren. Am Abend führte ich meine Mum zum Essen aus. Das war zu unserem kleinen Ritual geworden. Seitdem mein Vater vor zwei Jahren infolge eines Herzinfarktes verstorben war, ging meine Mum so gut wie nie aus. Ich wünschte mir so sehr, dass sie für eine Weile der Trauer entfliehen konnte, und lud sie hin und wieder zum Essen ein. Ich kannte ihre Vorliebe für Salate, Meeresfrüchte und vollmundige Rotweine, daher hatte ich das Restaurant persönlich für sie ausgewählt. Das Elektrics war ein modernes, italienisches Lokal mit einem gemütlichen Ambiente. Wir saßen an einem winzigen Zweiertisch und versuchten, eine angenehme Zeit miteinander zu verbringen. Das war nicht leicht, denn meine Mum war oft etwas forsch, was eine angenehme Unterhaltung mit ihr verkomplizierte. Ich wurde in eine eigenartige Familie hineingeboren. Meine Mum war Jahrgang 1925 und wuchs im antisemitischen Deutschland auf. 1944 floh sie mit meiner neugeborenen Schwester Salome nach Amerika. Dabei verlor sie ihre Familie komplett aus den Augen. Ihr Schicksal blieb offen und ungeklärt. Die Vergangenheit meiner Mutter war für mich im Grunde ein einziges Geheimnis. Fakt war: alle hatten Oma, Opa, Onkel, Tanten. Nur wir hatten niemanden - jedenfalls fast niemanden. Als ich noch ganz klein war, hatte ich angenommen, die Familienverhältnisse wären ganz normal. Als ich älter wurde, begann ich zu begreifen, dass unsere Familie etwas anders war. Wir waren eine Familie mit wenig Verwandtschaft, aber dafür mit vielen Familiengeheimnissen. Meine Mum, Elsa Aronsohn, beobachtete, wie die Barkeeperin zwei große Biergläser vollzapfte und sie routiniert über die Theke schob. Dabei beugte sich die junge Frau so vor, dass die beiden Männer an der Bar einen Blick in den Ausschnitt ihrer Bluse erhaschen konnten. Das ist doch scheußlich. Die glaubt wohl, wenn man ein bisschen Fleisch zeigt, kriegt man mehr Trinkgeld, entrüstete sich meine Mum provokativ laut. Ich spürte, wie die Röte von meinen Wangen sich bis hin zu meiner Stirn und über meinen Nacken zog, und war froh, dass der Raum nur schwach beleuchtet war. Das war typisch meine Mutter. Sie war seit jeher Hausfrau, Mutter und die Ehefrau eines erfolgreichen Anwalts gewesen. Ein wenig weltfremd in meinen Augen. Sie lebte in ihrem eigenen kleinen Kokon, aus dem sie voller Misstrauen und übertriebener Wachsamkeit auf die Welt schauen konnte. Mum und Dad hatten 1947 geheiratet, zu einer Zeit, da Frauen keine anderen Interessen hatten, als den besten Braten herzurichten und die beste Methode zu finden, Flecken aus Polstern und Kleidung zu entfernen. Falls meine Mutter mein nervöses Lächeln bemerkt hatte, zeigte sie es nicht. Stattdessen griff sie nach ihrem Weinglas. In ihrem eleganten Kostüm und mit ihrer kupferroten, perfekt sitzenden Elizabeth-Taylor-Frisur wirkte sie ein wenig fehl am Platz in dem neuen In-Restaurant. Es wurde vorwiegend von jüngeren Leuten besucht. Von Leuten, die nicht so viel Wert auf Etikette legten wie meine Mum. Selbst in der Art, wie sie das Weinglas hielt, erkannte ich noch etwas von der Eleganz, zu der ihre Eltern sie erzogen hatten. Lass gut sein, Mum. Du kannst die Welt eh nicht verbessern, sagte ich. Achte gar nicht auf sie. Lass uns einfach den Abend genießen. Mum wandte den Blick ab und ließ ihn über die dunklen Bodendielen gleiten. Ach Liebes, du hast ja so recht, sagte sie, stieß ein gepresstes Lachen hervor und griff nach der Speisekarte. Aus ihrer Handtasche klaubte sie ihre Lesebrille und setzte sie auf. Während sie die Speisekarte las, überlegte ich, wie ich ihr beibringen sollte, dass Laura, meine bisherige Mitbewohnerin, ausgezogen war und ic...