Beschreibung
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Autorenportrait
Jens Lieven, Dr. Geboren 1972. Studium: Geschichtswissenschaft und Germanistik in Duisburg und Freiburg, Archivwissenschaften in Potsdam. Studienrat im Hochschuldienst an der Ruhr-Universität Bochum. Forschungsschwerpunkte: Memoria; Adels- und Personenforschung; Geistliche Gemeinschaften des Mittelalters. Bücher im Verlag für Regionalgeschichte: Adel, Herrschaft und Memoria. Studien zur Erinnerungskultur der Grafen von Kleve und Geldern im Hochmittelalter (1020 bis 1250), 2008 Verortete Herrschaft. Königspfalzen, Adelsburgen und Herrschaftsbildung in Niederlothringen während des frühen und hohen Mittelalters, 2014
Leseprobe
Um 1025 reagierte Bischof Adalbero von Laon (gestorben 1030) mit seinem carmen ad Robertum regem auf die veränderten Herrschaftsformen seiner Zeit. Im dritten und umfangreichsten Teil des carmen entfaltete er ein Modell, das die Gesellschaft unter funktionalen Gesichtspunkten in drei Stände (ordines) gliederte: die Betenden (oratores), die Bauern (laboratores) und die Krieger (bellatores). Jede Gruppe sollte verpflichtet sein, die ihr von Gott übertragenen Aufgaben zu erfüllen, wobei denen, die kämpften - dem Adel also - die Rolle des Garanten der weltlichen Ordnung zukam. Bekanntermaßen zielte Adalbero mit seinem funktional geteilten Dreiständemodell darauf ab, den waffentragenden Adel, der die Autorität des Königs schon seit geraumer Zeit nicht mehr vorbehaltlos anerkannte, gewissermaßen zu disziplinieren, das heißt "auf die christliche Ordnung und den Schutz der Kirche zu verpflichten" und ihn damit für die in Frankreich aufgerichteten Gottesfrieden zu gewinnen. Rund ein Jahrzehnt später ist die Kenntnis um das Deutungsschema der funktionalen Dreiteilung auch in Niederlothringen belegt. Die Gesta episcoporum Cameracensium überliefern in Kapitel 52 eine Predigt Gerhards I. von Cambrai, worin der Bischof aufzeigt, dass das genus humanum ab initio trifariam geteilt sei, und zwar in oratoribus, agricultoribus, pugnatoribus. Obwohl im weiteren Verlauf der Predigt insbesondere mit Blick auf die Praxis des Friedensschutzes beachtliche Unterschiede zur Auffassung Adalberos sichtbar werden, war Gerhard offensichtlich ebenso wie dieser davon überzeugt, dass eine funktionale Unterscheidung und Trennung der Gesellschaft in die drei genannten ordines unabdingbar sei. In den Darlegungen sowohl des Einen wie auch des Anderen mussten ferner alle drei Stände notwendigerweise auf ein Höchstmaß wechselseitigen Zusammenwirkens bedacht sein, um dem je eigenen, letztlich transzendent begründeten Auftrag gerecht werden zu können. Dass sich in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Gegebenheiten in Niederlothringen den französischen Verhältnissen der Diözese Laon zur Zeit Adalberos angeglichen hatten, machen schon die 1082/83 in Lüttich und Köln vereinbarten Gottesfrieden deutlich, durch die man vor allem die bewaffnete Selbsthilfe einzuschränken suchte. Die Sicherung des Friedens wurde den großen Vasallen der Bischöfe übertragen, die von den Einschränkungen des Waffengebrauchs ausgenommen waren und auf diese Weise die ihnen zugedachte gesellschaftliche Rolle wahrnehmen konnten. Die damit einhergehende Intensivierung adliger Herrschaft fand ihren Ausdruck unter anderem im Stellenwert, den der Adel seither insbesondere seinen Burgen zumaß, die - soweit zu sehen ist - den Mittelpunkt adliger Herrschaften zu bilden begannen - wohl am ehesten vergleichbar der seigneurie banale in Frankreich und den dortigen châtelains ¬-, die zugleich und darüber hinaus aber auch mit neuen, monumentalen Bauformen (Wohntürme) eine repräsentative Dimension besaßen und zu einem identitätsstiftenden Faktor wurden, wenn der Adel des Rhein-Maasraums seit den letzten Dezennien des 11. Jahrhunderts zunehmend dazu überging, sich nach ihnen zu benennen. Die Mechanismen adliger Herrschaftsbildung im hohen Mittelalter und die damit verbundene Positionierung des Adels neben dem Königtum, das in ottonisch-salischer Zeit im Rheinland überaus präsent war, sind für den Kulturraum zwischen Rhein und Maas auf beiden Seiten der deutsch-niederländischen Grenze bisher allenfalls ansatzweise zusammenhängend erforscht worden. Aus diesem Grund tagten am 23. und 24. Februar 2012 Archäologen, Historiker und Kunsthistoriker auf der Wasserburg in Rindern, um sich dieses Themas anzunehmen und dabei nicht zuletzt auch Aspekte der Theoriebildung und der Methoden in den Blick zu nehmen. Dabei fanden drei große Themenbereiche besondere Berücksichtigung: die Königspfalzen als sichtbare Zeichen königlicher Präsenz im Raum, der Adel im Kontext seiner verwandtschaftlichen Beziehungen und die Adels
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