Beschreibung
Mit den 1950 erstmals publizierten 'New Yorker Novellen' gilt es, ein bedeutendes Werk der deutschsprachigen Exilliteratur neu zu entdecken. Der noch 1945 in New York begonnene 'Zyklus in drei Nächten' umfasst die drei Novellen 'Nachtigall will zum Vater fliegen', 'Der schwarze Hut' und 'Die Frau und der Tod'. Ob Hans Heinz Nachtigall, der im Exil einen märchenhaften Aufstieg vom erfolglosen Dichter zum gefragten Psychiater der New Yorker Upper Class erlebt, jedoch Verrat gegenüber seinem in Europa zurückgelassenen Vater empfindet, ob der joviale Börsenmakler Alois Altkammer, der für seine verstorbene Frau eine bizarre Totenfeier veranstaltet, ob der seines Gehörs beraubte jüdische KZ-Häftling Dr. Klopstock oder der vom Krieg heimgekehrte Pilot Happy Slocum: Bechers Geschichten handeln von einsamen, durch Erfahrungen der Entwurzelung gezeichneten Außenseitern, die um einen biographischen oder künstlerischen Neuanfang in der Fremde bemüht sind. Mit einem bald ins Satirische, bald ins Groteske weisenden schwarzen Humor erzählt Becher bereits 20 Jahre vor seinem Meisterwerk 'Murmeljagd' in pointierter Form, die die Verwandtschaft zu George Grosz erkennen lässt, von den biographischen Erschütterungen inmitten einer Epoche der Entmenschlichung.
Autorenportrait
Ulrich Becher, geboren 1910 in Berlin, studierte Jura und war der einzige Meisterschüler von George Grosz. 1932 erschien sein Debüt 'Männer machen Fehler', das 1933 von den Nationalsozialisten als sogenannte entartete Literatur verbrannt wurde. Becher verließ Deutschland, lebte in verschiedenen europäischen Städten und floh 1941 nach Brasilien. Er übersiedelte 1944 nach New York und kehrte 1948 nach Europa zurück, zunächst nach Wien, 1954 nach Basel, wo er 1990 starb. Moritz Wagner, geboren 1985, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schweizerischen Literaturarchiv (SLA) in Bern und kuratiert u.a. den Teilnachlass von Ulrich Becher. Seine Dissertation trägt den Titel 'Babylon Mallorca. Figurationen des Komischen im deutschsprachigen Exilroman' (2017).'In seinen Novellen glänzt der Exilautor Ulrich Becher mit schwarzem Humor und spätexpressionistischer Sprachlust.'Oliver Pfohlmann, WDR3 Mosaik
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