Beschreibung
Unzufriedenheit, Abhängigkeit, eine erhöhte Suizidrate - das Gesundheitssystem macht diejenigen, die in ihm arbeiten krank und steht selbst vor dem Exitus. Die Gesundheitspolitik ergeht sich in Flickschusterei, ohne wirkliche Probleme anzupacken und einen dringend benötigten Neustart zu wagen. Doch nicht nur auf Seiten des medizinischen Personals herrscht Frustration. Patienten warten monatelang auf Termine und haben das Gefühl, mit ihren Beschwerden nicht ernst genommen zu werden. Dabei ist eine gute Arzt-Patienten-Beziehung das entscheidende Fundament, auf dem eine Behandlung aufgebaut werden kann. Dieses Buch beleuchtet die Hintergründe eines Systems, das selbst für die darin Agierenden, immer undurchsichtiger wird und möchte Ihnen als Patient diese verständlicher machen. Denn die dringend notwendige Veränderung kann nur stattfinden, wenn sich Arzt und Patient einander wieder im gegenseitigen Verständnis annähern.
Leseprobe
Einleitung Sicherlich kennen Sie das: Sie benötigen dringend einen Arzttermin, aber selbst nach Durchtelefonieren mehrerer Praxen liegt der früheste Termin, der Ihnen angeboten wird, Wochen in der Zukunft. Und wenn der Tag endlich gekommen ist, warten Sie in der Arztpraxis Stunden, bis der Doktor Sie in wenigen Minuten 'abfertigt'. Verständlicherweise verursacht das Frust. Frust, der sich in erster Linie gegen die vermeintlichen Verursacher richtet - uns Ärzte. Als, bis vor Kurzem noch, praktizierender Facharzt, der sich selbst Tag für Tag mit diesen Vorwürfen konfrontiert sah, ist es mir ein Anliegen, mit diesem Buch die Hintergründe zu beleuchten, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Wie häufig im Leben hat die Medaille zwei Seiten, gibt es selten ein 'richtig' oder 'falsch' beziehungsweise eine einfache Erklärung. Das Gesundheitssystem ist in seiner Komplexität selbst von den darin Tätigen kaum noch zu überblicken. Dennoch bin ich der Meinung, dass viele Aspekte, die Sie als Patienten ärgern, durch eine bessere Kenntnis der Mechanismen nachvollziehbar werden. Die Politik, insbesondere der letzten Jahre, hat es zunehmend verstanden, einen Keil zwischen Patienten und Ärzte zu treiben. Anstatt zu erklären oder vermitteln, wird reguliert, bürokratisiert, um ein System zu stützen, das Sie, die Patienten, von uns Ärzten weiter entfernt. Denn die Zeit für Dokumentation und Bürokratie nimmt Jahr für Jahr zu. Zeit, die in der Patientenversorgung fehlt. Aber insbesondere Sie als Patienten können dazu beitragen, dass mit der knappen Ressource Arzt verantwortungsvoller umgegangen wird. Wir brauchen einen ehrlichen Dialog, der wieder das Wesentliche in den Vordergrund stellt: die Arzt-Patienten-Beziehung. Womöglich kann dieses Buch dafür den Anfang bilden. Über dieses Buch Von fünfzehn Jahren ärztlicher Tätigkeit verrichtete ich zehn in meiner Arztpraxis. Während ich anfangs bestrebt war, nicht den Weg der meisten Ärzte, die ich kannte, zu gehen, nämlich verbittert auf das System zu schimpfen, musste ich nach einigen Jahren feststellen, dass ich selbst zu so jemandem geworden war. Das Erschrecken darüber ließ mich die Ursachen analysieren, die einerseits tatsächlich im Gesundheitssektor liegen, der geprägt ist durch Bürokratie, Kostendruck, wirtschaftliche Interessen und Erwartungshaltungen, aber auch das Verhalten der Patienten. Sobald ich im Patienten-/Bekannten-/Freundes- und/oder Familienkreis Einblicke in das Konstrukt gab, in dem ich mich in meiner Praxistätigkeit bewegte, erntete ich ungläubige Blicke und Kopfschütteln, aber auch Verständnis. Mir wurde bewusst, dass die Unzufriedenheit mit der Situation, die viele Ärzte im Griff hat, nachvollziehbar ist, legt man die Ursachen offen. In Gesprächen mit Kollegen erfuhr ich, wie tief die Desillusionierung wurzelt, vor allem bei denjenigen, die mit Idealismus in den Beruf getreten waren. Dabei sind die Fronten zwischen Ärzten und Patienten nur in einigen Fällen in Zerwürfnissen zwischen den beiden Gruppen begründet, sondern in systemischen Schwierigkeiten, die, obwohl an anderer Stelle verantwortet, in der Arztpraxis ausgetragen werden müssen. Außerdem herrscht in einigen Patientenköpfen eine falsche Erwartungshaltung, die seitens der Politik geschürt wird, nämlich die Vorstellung, dass Gesundheitsversorgung ständig und in vollem Umfang zu jeder Zeit vorhanden und durch den Patienten abrufbar ist. Dieses Buch soll die Hintergründe des Gesundheitssektors und die Entwicklungen, die dazu geführt haben, beleuchten. Dabei gehe ich nicht nur auf die 'Arztwerdung' mittels Medizinstudium und ärztlicher Ausbildung ein, sondern auch auf Besonderheiten, die unser (deutsches) Bild von Ärzten und Medizin prägen. Die 'Big Player' des Systems nehme ich ebenso ins Visier wie die Regularien und deren Entstehung, um schließlich über die Corona-Pandemie aufzuzeigen, welche bereits lange vorbestehenden Defizite sich durch diese offenbarten. Abschließend habe ich versucht, einige Lösungsvorschläge zu formulieren, sowohl in Richtung der Politik, aber auch in Ihre, als Patient. Nur wenn jeder von uns seinen Beitrag leistet, kann das in Schieflage geratene Konstrukt Gesundheitssystem womöglich wieder aufgerichtet werden. Wobei es wohl am besten wäre, dieses neu aufzubauen, wie ich zum Ende des Buches ausführe. Das Gesundheitssystem ist in seiner jetzigen Form hochkomplex und aufgrund vieler bürokratischer Regelungen undurchsichtig. Ich habe mich bemüht, diese Zusammenhänge laienverständlich auszudrücken, wofür eine Vereinfachung unabdingbar ist. Dennoch erkläre ich sämtliche Punkte, die essenziell sind, um Problematiken und Limitationen zu verstehen. Über die Quellenangaben lassen sich die Texte, auf die ich mich bezogen habe, aufrufen, und Sie finden dort weitere Informationen, falls Sie sich zu einem Thema eingehender belesen wollen. Ich möchte betonen, dass es sich sämtlich um frei zugängliche Seiten von Behörden et cetera handelt, und meine Ausführungen somit nachvollzogen werden können. Das Buch untergliedert sich neben Kapiteln in acht Teile, wobei wesentliche Themenbereiche häufiger besprochen werden. Mein Ansatz war es, wichtige Sachverhalte von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten und in jeder (erneuten) Betrachtung weitere Details hinzuzufügen. So ist es nachvollziehbarer, in die komplexe Materie einzusteigen und die entscheidenden Regularien zu erfassen. Am Ende finden Sie ein Glossar, in dem Sie Erläuterungen zu den wichtigsten Begriffen, die im Text auftauchen, nachschlagen können, und zudem ein Abkürzungsverzeichnis. Sollte Ihnen zwischendurch der Kopf rauchen, führen Sie sich vor Augen, dass es selbst dem medizinischen Personal Schwierigkeiten bereitet, das verschachtelte und in seiner Begrifflichkeit sperrige Regelwerk zu verstehen. Mein Wunsch ist, dass Sie nach der Lektüre ein wenig besser nachvollziehen können, warum Ihr Arzt handeln muss, wie er es tut. Und weshalb es nicht so weitergehen kann. Abschließend werde ich die Frage klären, was Sie selbst unternehmen können, damit Arzt und Patient sich einander (wieder) annähern.
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