Am Wasser das Haus

Eine literarische Ortsbegehung

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783960543848
Sprache: Deutsch
Umfang: 192 S.
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Max Liebermann erwirbt zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Stuck Baugrund am Ufer des Wannsees und entwirft gemeinsam mit seinem Freund Alfred Lichtwark Haus und Garten - ein Fluchtort vor den Pflichten eines Lebens in der Öffentlichkeit, aber auch ein Ort der Inspiration für zahlreiche Gemälde. Und ein Ort, der im Laufe der Zeit immer wieder bis zur Unkenntlichkeit verändert werden wird. Das ist der Ausgangspunkt dieses literarischen Textes, ein in fluchtigen Bildern und Szenen eingefangenes Ortspanorama, das sich in vielfältige Gestalten und Stimmen auffächert: Nach dem Tod Liebermanns und der Zwangsveräußerung der Villa wird die großburgerliche Sommerfrische abgelöst von strammstehenden Mitarbeiterinnen der Reichspost, die in Kriegszeiten zur Erholung ins Grune geschickt werden. Nach Kriegsende wird im vormaligen Atelier der Operationssaal des Städtischen Krankenhauses eingerichtet; in den 1970er Jahren bezieht ein Unterwasser-Club das Gebäude, baut in die Diele ein Aquarium und verbringt im ehemaligen Salon bunte Abende am Bartresen. Und immer wieder folgt auf Trubel erneut Leerstand, sodass in der Zwischenzeit die Jahreszeiten und namenlose Vorbeikommende Gelände und Gemäuer in Beschlag nehmen können - bis schließlich ein Kulturverein den Ehrgeiz entwickelt, alles wiederherzustellen, 'wie es gewesen ist'. Bei allem Wandel bleibt dieser Ort aus greifbarem, dem Wetter trotzendem Material dennoch wiedererkennbar - er bietet Raum fur Alltagsbeiläufigkeiten, Lebenswenden und Träume, ist Ziel einsamer Spaziergänge und Bezugspunkt unruhig flackernder Erinnerungen.

Autorenportrait

Magdalena Saiger, geboren 1985, studierte Germanistik und Geschichte in Berlin und Madrid und promovierte an der Universität Hamburg über 'Wanderungen eines Ortes: Das Gelände der Alten Messe, Belgrad'. Mit dem Manuskript zu ihrem Debütroman 'Was ihr nicht seht oder Die absolute Nutzlosigkeit des Mondes' (Edition Nautilus 2023) war sie Preisträgerin des Hamburger Literaturpreises 2020. Der Roman war nominiert für den Franz-Tumler-Literaturpreis 2023. Magdalena Saiger lebt in Hamburg.

Leseprobe

Ein Grundstück ist noch frei. Bestehend aus zwei Parzellen, länglich geschnitten, zum Wasser hin abfallend, eines der letzten in der Colonie, am westlichen, von Kiefernheide gesäumten Ufer des Sees, weit außerhalb der Stadt, weit genug und nah genug, um hier wirklich noch etwas anzufangen. Es ist, was er suchte, der Maler, dem sie mit einemmal ein Bild ums andere abkaufen, fast handwarm noch. Das hätte ihm keiner geglaubt, dass einer, und noch dazu ein Widerborstiger wie er, sich mit dem Pinsel und seinen altbekannten, umstrittenen zehn Fingern ein Schloss erwerben kann, in gerade mal zwei Jahren. Grundstück und Haus und Gartenanlage und Einrichtung. (.) Sollen sie lachen in der Akademie, sollen sie. Jetzt kommen, denkt er, erst einmal die fetten Jahre. Er malt nach eigenem Rezept, und das Geschäft will nicht aufhören zu dampfen, und so muss er nun nicht länger träumen, sondern hat die Mittel, und damit die Befugnis, zu planen, und zwar auf Papier und gegen gutes, ehrliches, ermaltes Geld, kann die blitzweißen Landhäuser der Hamburger Großleute als echte Möglichkeiten betrachten, zur freien Nachahmung oder zum großzügigen Verwerfen, nicht länger als schimmernde Auswüchse einer Welt, in der er hauptsächlich auf Besuch ist und an Sonntagnachmittagen spazieren geht auf öffentlichen Uferwegen. Ein Grundstück ist noch frei. Ein Schmuckstück. 145.000 Reichsmark, und es geht in seinen Besitz über. In seinen Besitz: Besitzer Max Liebermann, Maler, ordentlicher Professor der Königlichen Akademie der Künste, Gründer und Präsident der Berliner Secession, Max Martin Liebermann, Große Seestraße 24.

Schlagzeile

In poetischen Bildern entwirft Magdalena Saiger ein Ortspanorama der Liebermann-Villa im Wandel der Zeiten>