Als großer Bernhard Schlink Fan habe ich dieses Buch gelesen, sobald es ging. Obwohl erst im Oktober erschienen, ist es definitiv eins meiner liebsten Bücher in diesem Jahr! Kaspar, Student in Westberlin, fährt so oft er kann in den Osten, um die andere Hälfte seiner Stadt und vor allem ihre Student:innen zu sehen. Er lernt Birgit kennen und verhilft ihr zur Flucht in den Westen. Jahrzehnte später erst, als sie stirbt und sich der alte Buchhändler mit schlechtem Gewissen an die nie gelesenen literarischen Hinterlassenschaften seiner Frau wagt, erfährt er, welchen Preis sie für die Flucht und ihr Leben mit ihm gezahlt hat - ihre Tochter. Kaspar tritt die Suche an, die seine Frau sich nie zugetraut hat - und findet Tochter und Enkelin in einer ihm völlig fremden Welt – in einem völkischen Dorf im Osten Deutschlands. Schlink beschreibt Kaspars Balanceakt, der empathisch sein und die Enkelin in seinem Leben haben will, aber gleichzeitig vom Gedankengut und Brauchtum der Eltern abgestoßen wird. Er muss vorsichtig sein, um das Mädchen nicht zu verlieren. Kann er sie halten? Auch das ist Deutschland: völkische Gruppen auf dem Land, die nationalistisches Gedankengut hochleben lassen und junge Menschen, die dieses Leben als das richtige kennenlernen. Bernhard Schlink hat einen weiteren treffenden Gesellschaftsroman geschrieben.