"ein vibrierendes kind. Erinnerungen an eine persische Kindheit" von SAID
Du sitzt zum Kaffee bei deinen Eltern und plötzlich macht dein Vater den Videorecorder an, es flimmern Bilder deiner Kindheit über den Flatscreen. Geburtstag bei deiner Tante und wieder werden die Familienalben vom Urlaub hervorgeholt und Erinnerungen brechen sich durch die Fotos in dein Hirn. SAID ist im Mai letzten Jahres gestorben. Für mich ein Schriftsteller, der die deutsche Sprache formvollendet hat, obwohl es nicht seine Muttersprache war. Geboren wurde er in Teheran in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts, seine Erinnerungsalben unterscheiden sich also grundlegend von meinen. Und doch schafft er es sprachlich, eine Nähe aufzubauen, die universal wirkt und übertragbar ist. Nicht zuletzt, indem er den Nukleus der Familie nicht personalisiert, sondern nur vater, kind, großmutter, tante nennt. Kindheit wird zu einem Wechselspiel vom kind, das erfährt und empfindet und erwachsenem Erzähler, der episodenhaft das diese Episoden aufleben lässt. Das Versteck unter dem Rock der Tante, die Uniform des Vaters, Ausflüge über Brücken, ein Geldstück für ein Gebet, verknotete Hunde, Spielen in der Straße, die Mahnungen der Großmutter. Eine Seite, eine Erinnerung, wie Kettenglieder knüpft SAID seine Geschichte aneinander. Das vibrierende kind ist ein wunderbares letztes Buch über den Beginn eines großen Schriftstellers.