Die Cochlea ist der Ort, an dem die sogenannten Haarzellen die Schallwellen in elektrische Impulse umwandeln, damit unser Gehirn den Klang verarbeiten kann. Louise soll ihre durch ein Implantat ersetzt bekommen, aber möchte sie das auch? Seit sie klein ist, braucht sie ein Hörgerät und sowieso hört sie nur noch auf dem rechten Ohr überhaupt etwas, nun fällt auch in diesem die Hörfähigkeit rapide und Louise muss sich entscheiden. Das ist die zentrale Frage des Buches: Qualle werden oder Transhumanistischer Cyborg?
In der Zwischenzeit befindet sie sich in einem Schwebezustand und verhandelt ihre Situation mit ihren Freunden. Die sind teilweise reale Personen (vermutlich) und teilweise imaginierte Gestalten. Ein Soldat aus dem Ersten Weltkrieg, ein Hund namens Zirrus und eine Botanikerin, die Louises Klangherbarium aufbewahrt. Gleichzeitig beginnt sie für die Stadtverwaltung zu arbeiten, wo sie wegen ihrer Ohren ständig versetzt wird und irgendwelche Daten digitalisieren muss. Umso näher die Entscheidung rückt, desto intensiver werden ihre Fantasien, aber auch die Diskussionen mit ihren engsten Bezugspersonen.
So möchte ihre Freundin Anna sie zum Beispiel davon abbringen, sich das Implantat einsetzen zu lassen, ihr neuer Beziehungspartner Thomas und ihre Mutter hingegen sind Implantatsbefürworter. Egal, wie sie sich entscheidet, der Weg dorthin hat mich begeistert. Rosenfeld schreibt ebenso witzig wie ernst und beschwört dabei die skurrilsten, genialsten sprachlichen Bilder herauf. Einen Roman, der so sehr Perspektiven verschiebt und zum Weiter- und Nachdenken angeregt hat, findet man selten. Es kommen Themen auf von Ableismus über Identität, Arbeit und Kapitalismus, Freundschaft bis hin zur Kraft der Fantasie und noch so viel mehr auf nur 220 Seiten, einfach genial. Taucht ein in dieses buchförmige Schwimmbecken und genießt den kurzen friedlichen Moment, in dem die Schreie der Kinder nur noch dumpf durch das Wasser zu euch dringen.
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