Beschreibung
Wenn irgendwo in der amerikanischen Provinz ein großer Hollywoodfilm gedreht wird, kämpfen die Einheimischen normalerweise um eine winzige Rolle - um einen Augenblick des Ruhms. Als die Filmemacher John Pellam und Marty Jacobs im verschlafenen Städtchen Cleary eintreffen, wird ihnen jedoch ein ganz anderer Empfang zuteil: Nach einem offensichtlich gezielten Schuss stirbt Marty in seinem brennenden Auto! Erschüttert versucht John, die scheinbar sinnlose Tat aufzuklären. Dabei wird ihm aber bald klar: Im Gewehr des Mörders befindet sich auch noch eine Kugel für ihn ...
Leseprobe
'Irgendwann mal habe ich diese gruselige Geschichte über dich gehört', sagte Marty. 'Aber ich hatte keinen Schimmer, ob sie wahr ist oder nicht.' Pellam sah nicht zu ihm hinüber. Er saß am Steuer des Winnebago Chieftain 43 und fuhr zurück in die Stadt. Sie hatten gerade zwei Kilometer die Straße hinauf ein altes Farmhaus gefunden und dem erstaunten Besitzer 1300 Dollar geboten, um zwei Szenen auf seiner vorderen Veranda drehen zu können, sofern er nichts dagegen hätte, dass statt seines rostigen orangefarbenen Nissans ein paar Tage lang ein Mähdrescher in der Einfahrt stehen würde. Für so viel Geld, hatte der Farmer gemeint, würde er, falls gewünscht, den Wagen sogar aufessen. Pellam hatte ihm gesagt, das sei nicht nötig. 'Du hast mal als Stuntman gearbeitet?', fragte Marty mit seiner hohen Stimme und dem leichten Mid-West-Akzent. 'Ein bisschen, ja. Nur für ein Jahr oder so.' 'Ah, ja. Der Film, den du gemacht hast?' 'Mhm.' Pellam nahm seine alte schwarze HughHefnerSonnenbrille ab. Am frühen Morgen dieses Herbsttages hatte sich ein stahlblauer Himmel von Horizont zu Horizont gespannt. Vor einer halben Stunde hatte sich der Himmel bezogen, und jetzt, am frühen Nachmittag, sah er aus wie zur Abenddämmerung im Winter. 'Es war ein Spielberg-Film', sagte Marty. 'Für Spielberg habe ich nie gearbeitet.' Marty überlegte. 'Nein? Also, ich habe aber gehört, dass es ein Spielberg-Film war. Egal, jedenfalls gibt's eine Szene, in der der Hauptdarsteller mit dem Motorrad über eine Brücke fährt und hinter ihm Granaten hochgehen. Der Typ fährt wie der Henker, hinter ihm immer die Granaten. Dann wird er von einer getroffen und in dem Moment durch die Luft gewirbelt, in dem die Brücke unter ihm zusammenkracht. Okay? Man wollte aber eine Puppe nehmen, weil der Stunt Supervisor niemand von seinen Jungs ranlassen wollte. Dann kommst du und sagst dem zweiten Aufnahmeleiter, er soll die Kameras laufen lassen. Und du, na ja, hast es einfach gemacht.' 'Hmhm.' Marty sah zu Pellam hinüber und wartete. Dann lachte er. 'Was meinst du mit >hm-hm<? Hast du oder hast du nicht?' 'Ja, ich erinnere mich daran.' Marty verdrehte die Augen und beobachtete in der Ferne einen Vogel. 'Oh, er erinnert sich.' Er wandte sein Gesicht wieder Pellam zu. 'Dann habe ich noch gehört, dass du nicht richtig durch die Luft geflogen bist, sondern dich an einem Kabel festklammern musstest, während die Brücke unter dir zusammengekracht ist.' 'Mhm.' Marty wartete immer noch. Es machte keinen Spaß, jemandem Kriegsgeschichten zu erzählen, von dem man sie eigentlich zu hören bekommen sollte. 'Und?' 'Ziemlich genau so ist es passiert.' 'Hattest du keine Angst?' 'Klar hatte ich die.' 'Warum hast du's dann gemacht?' Pellam griff nach unten zu der Flasche Bier, die zwischen seinen ausgelatschten Cowboy-Stiefeln klemmte. Er blickte in die rotgelbe Herbstlandschaft auf der Suche nach New-York-State-Polizisten, dann hob er die Flasche an die Lippen und leerte sie. 'O ja, damals habe ich lauter verrückte Sachen gemacht. War dumm von mir. Der Aufnahmeleiter hat mich rausgeschmissen.' 'Aber die Aufnahme haben sie verwendet?' 'Ging nicht anders. Sie hatten keine Brücke mehr.' Pellam drückte das ausgeleierte Gaspedal durch, um eine Anhöhe zu nehmen. Der Motor reagierte nicht gerade prompt, ließ von irgendwo aus seinen Tiefen ein Klopfen hören, wie man es halt bei einem alten Wohnmobil gewohnt sein sollte, das ächzend bergauf fährt. Marty war neunundzwanzig und dünn und trug in seinem linken Ohr einen goldenen Ring. Er hatte ein rundes, glattes Gesicht, und seine Augenlider waren direkt mit seinem Herz verbunden - sie öffneten sich ganz weit, sobald sein Puls einen Zahn zulegte. Pellam war älter. Auch er war dünn, aber eher sehnig, und hatte einen dunklen Teint; den schütteren, grau gesprenkelten Bart, den er sich seit einer Woche wachsen ließ, konnte er schon nicht mehr sehen. Die Lider über seinen graugrünen Augen öffneten sich niemals sehr weit. Beide Männer trugen Leseprobe
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