Beschreibung
1963 dringt das Wort »Auschwitz« mit Wucht in deutsche Wohnzimmer. Gegen 22 ehemalige NS-Schergen wird Anklage erhoben, in Frankfurt beginnt ein Mammutprozess. Ein Mann hat diesen Prozess fast im Alleingang auf den Weg gebracht: Fritz Bauer, Generalstaatsanwalt in Hessen. Ein Sozialdemokrat jüdischer Herkunft, der 1936 gerade noch hatte fliehen können. Er ist es, der die deutsche Nachkriegsgesellschaft zum Sprechen bringt und Adolf Eichmann vor ein israelisches Gericht. Im restaurativen Klima der Adenauer Zeit wird der Jurist damit zur Reizfigur, der seine Zunft erzürnt und von allen Seiten angefeindet wird: »Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich feindliches Ausland«, so beschreibt er seine Lage. Ronen Steinke erzählt das Leben des Mannes, der mit seiner Courage ein ganzes Land veränderte.
Autorenportrait
Ronen Steinke ist Redakteur und Autor der "Süddeutschen Zeitung". Seine juristische Doktorarbeit über Kriegsverbrechertribunale von 1945 bis heute wurde von der FAZ als "Meisterstück" gelobt. Zuletzt erschien im Piper Verlag seine Biografie über Fritz Bauer, den mutigen Ermittler und Ankläger der Frankfurter Auschwitz-Prozesse, die preisgekrönt verfilmt und in mehrere Sprachen übersetzt wurde.
Inhalt
Vorwort von Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts
1 Der Deutsche, der Eichmann vor Gericht brachte: Sein Geheimnis
2 Ein jüdisches Leben: Worüber der umstrittenste Jurist der Nachkriegszeit nie spricht
Ein Feuerkopf verstummt: Dr. Bauers gesammeltes Schweigen Eine Familie, die dazugehören will: Kindheit in der Kaiserzeit Chanukka und Bar Mitzwa: Erziehung zum Selbstbewusstsein
3 Bildungsjahre 1921 1925: Die Talente erwachen
23 Freunde Eine jüdische Studentenverbindung "Bekenntnis zum Deutschtum": Zwist mit Zionisten Tübingen, die Höhle des Löwen Eine Doktorarbeit, über die sich Industriebarone freuen
4 Richter in der Weimarer Republik: Im Kampf gegen das aufziehende Unheil
Es pocht am Dienstzimmer Ein Roter unter Schwarz-Weiß-Roten: Parallelwelt Justiz "Deckt das Justizministerium das Verhalten des Juden Bauer?" Im Duo mit Kurt Schumacher: Straßenkampf gegen die SA
5 Konzentrationslager und Exil bis 1949
Im Konzentrationslager Dänemark 1936: Wie ein Delinquent auf Bewährung Qualen der Abgeschiedenheit Die Deutschen rücken näher Schweden 1943: An der Seite Willy Brandts Wie Fritz Bauer seine Doktorarbeit zerreißt "Inopportun": Als Jude in der Politik nach 1945 nicht erwünscht
6 Die Rehabilitierung der Männer des 20. Juli: Sein Verdienst
Der Emigrant gegen die Nazi-Wiedergänger: Der Remer-Prozess 1952 Generalstaatsanwalt in Braunschweig 1950 "Die Frage wirkt sofort elektrisierend": Ein Land diskutiert den Widerstand "Mein Mitschüler Stauffenberg": Ein Plädoyer, das Geschichte schreibt
7 "Mörder unter uns": Psychogramm eines Anklägers
Wozu Strafe? "Ich habe gewusst, wohin ich gehören möchte": Der Traum vom humanen Strafrecht Die Speerspitze des Fortschritts: Jugendrichter 1928 Das Nürnberger Tribunal 1945, leuchtendes Vorbild und abschreckendes Beispiel "Ihr hättet Nein sagen müssen": Ein Staatsanwalt, der den Rechtsbruch verlangt
8 Der große Auschwitz-Prozess 1963 1965: Sein Hauptwerk
Eine Cola in der Verhandlungspause Eine Bühne für das, was die Welt nicht erfahren sollte: Bauers Leistung Warum der Atheist mit Jesus argumentiert (und nie wieder mit Moses) Ein Querschnitt durchs Lager: Bauers Strategie Anfeindungen als vermeintlich unobjektives NS-Opfer Ein Regisseur, der sich in der Kulisse versteckt: Bauers eigene Rolle
9 Verteidigung des Privaten: Sein Dilemma
Der Bohemien: Bauer privat Reaktionärer Muff im Strafgesetzbuch und die Pflichten eines Generalstaatsanwalts Freund der Schwulen: Bauer in der Debatte um den Paragrafen 175
10 Der Weg in die Einsamkeit: Seine Tragik
Angst vor der Nähe: Der Jurist und die Juden "Mit ihm konnte man nicht reden": Fritz Bauers junges Ankläger-Team "Die Linken kommen immer mit ihren Utopien": Enttäuschungen am Lebensende
11 Der Tote in der Badewanne 1968
Anhang
Dank
Quellen und Literatur
Anmerkungen
Personenregister
Bildnachweis
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