Beschreibung
Für die Herrscher von Imperien galt es stets, die verschiedensten Bevölkerungsgruppen zu integrieren und trotz dieser Vielfalt ihre Macht zu bewahren. Das Repertoire an Machtstrategien, das sie dabei anwendeten, schildern Jane Burbank und Frederick Cooper in einer zwei Jahrtausende umspannenden Reise durch die Geschichte der großen Weltreiche. So konnten Imperien Hierarchien und soziale wie ethnische Unterschiede aufrechterhalten, neue begründen oder sie durch Integration aufheben. Dieser Umgang mit Vielfalt, die jeweilige Politik der Differenz, war - wie Burbank und Cooper zeigen - der Schlüssel für Aufstieg und Niedergang aller Imperien. Mit dieser Erkenntnis ermöglichen sie ein neues Verständnis der großen Reiche in der Weltgeschichte. Und erzählen dabei auf unterhaltsame Weise vom Schicksal zahlreicher Völker und Dynastien: vom antiken China und Rom über das Osmanische, das spanische und das Reich Karls des Großen bis hin zu Russland, Großbritannien und den USA.
Leseprobe
Imperiale Repertoires In diesem Buch betrachten wir nicht alle Imperien zu allen Zeiten und an allen Orten. Wir konzentrieren uns auf eine Reihe von Imperien, deren Geschich- ten charakteristisch, einflussreich und in vielen Fällen miteinander verflochten waren. Nicht alle Imperien waren gleich; sie schufen, übernahmen und über- lieferten unterschiedliche Herrschaftsrepertoires. In den einzelnen Kapiteln schildern wir die Bandbreite der Herrschaftsstrategien, die in spezifischen his- torischen Situationen vorstellbar und praktikabel waren, die Konflikte, die in unterschiedlichen Machtstrukturen auftraten, und die kontroversen Bezie- hungen zwischen Imperien, die sich in bestimmten Momenten entwickelten und im Laufe der Zeit die Weltgeschichte antrieben. Ein imperiales Repertoire war weder eine Trickkiste, in die man aufs Gerate- wohl griff, noch eine vorgegebene Herrschaftsformel. Angesichts täglich neuer Herausforderungen improvisierten Imperien, hatten aber auch ihre Gewohn- heiten. Was Führer sich vorstellen und was sie vollbringen konnten, wurde durch Vorbilder geprägt und durch vorhandene Gegebenheiten beschränkt - sowohl durch andere Imperien mit ihren sich überschneidenden Zielen als auch durch die Menschen, die in jenen Regionen lebten, die von den Schöp- fern des Imperiums begehrt wurden. Menschen in umkämpften Territorien konnten sich zur Wehr setzen, sich beugen oder die Übergriffe eines mächti- geren Gemeinwesens zu ihren eigenen Gunsten wenden. Indem wir imperiale Repertoires als flexibel, durch Geografie und Geschichte eingeschränkt, aber offen für Innovation erkennen, können wir die falschen Gegensatzpaare von Kontinuität oder Wandel, Zufall oder Determinismus vermeiden. Wir wollen stattdessen nach Handlungsweisen und Bedingungen suchen, die Imperien neue Strategien ermöglichten oder alte verwehrten. Wir behaupten nicht, dass jeder bedeutende Staat ein Imperium war, son- dern dass während des größten Teils der Menschheitsgeschichte Imperien und ihre Wechselbeziehungen den Kontext prägten, innerhalb dessen Menschen ihre politischen Möglichkeiten abschätzten, ihre Ziele verfolgten und sich ihre Gesellschaften vorstellten. Staaten, große wie kleine, Aufrührer und Getreue oder Menschen, die sich wenig um Politik kümmerten - sie alle mussten Imperien, ihren Herrschaftsweisen und ihren Konkurrenzkämpfen Rechnung tragen. Ob dieser imperiale Rahmen heute noch besteht, ist eine Frage, der wir uns im letzten Kapitel zuwenden. Wir beginnen mit Rom und China im 3. Jahrhundert v. u. Z. nicht, weil es die ersten Großreiche gewesen wären - zu ihren bedeutenden Vorläufern gehören Ägypter, Assyrer, Perser, die gewaltigen Eroberungen Alexanders des Großen und ältere Dynastien in China -, sondern weil diese beiden Reiche langlebige Bezugspunkte für spätere Gründer von Imperien wurden. Sowohl Rom als auch China brachten es zu enormer äußerer Größe, integrierten Handel und Produktion in Volkswirtschaften im Weltmaßstab (der Welt, die jedes dieser Reiche schuf ). Sie ersannen Institutionen, die staatliche Macht über Jahrhunderte stützten, entwickelten überzeugende kulturelle Bezugssys- teme, um ihren Erfolg zu erklären und zu untermauern, und stellten über lange Zeiträume stillschweigende Zustimmung zur imperialen Macht sicher. Ihre wichtigsten Strategien waren in China die Abhängigkeit von einer Klasse loyaler, geschulter Beamter und in Rom die zumindest theoretische Ermäch- tigung seiner Bürger. Beide Strategien wirkten sich dauerhaft und tiefgreifend darauf aus, wie Menschen sich ihre Staaten und ihren Platz in ihnen vorstellen. Als nächstes betrachten wir Imperien, die versuchten, an Roms Stelle zu rücken - das widerstandsfähige Byzanz, die dynamischen, aber spaltbaren islamischen Kalifate und die kurzlebigen Karolinger. Diese Rivalen errichteten ihre Imperien auf religiösen Fundamenten; ihre jeweilige Geschichte beweist die Möglichkeiten und Grenzen des militanten Monotheismus als Arm
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Imperien - Schmelztiegel der Völker>