Beschreibung
Studienarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,3, FernUniversität Hagen (Institut für neuere deutsche und europäische Literatur), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Großstadtlyrik, die historisch ein Produkt des Naturalismus ist, erreicht im Expressionismus einen zweiten Höhepunkt. Der rasante technische Fortschritt zu Beginn des expressionistischen Jahrzehnts um 1910, der sich insbesondere in den neu entstehenden und schnell wachsenden Großstädten bemerkbar macht, führt durch die Simultaneität von verschiedenen Sinneseindrücken und der damit einhergehenden Reizüberflutung zu einer Verdinglichung des Subjektes, die bewirkt, dass der Einzelne sich nicht mehr als Handlungsträger, sondern als jemand versteht, an dem gehandelt wird, jemand, der anonymen Sachzwängen hilflos ausgesetzt ist, die er nicht mehr beeinflussen kann.Das Ich zerfällt in diesem Prozess in verschiedene Wahrnehmungen und Empfindungen. Man spricht von einer Krise des Subjektes in der Moderne. Die expressionistische Großstadtlyrik reflektiert diese veränderten Wahrnehmungsmodi in einer radikalen Veränderung der dichterischen Mittel in der Darstellung von Großstadterfahrung. Wenn die Großstadtdichtung des Naturalismus noch als ein Medium der sozialen Anklage und der sentimentalen Identifikation hauptsächlich deskriptiv wirkt, entwickelt sich die expressionistische Großstadtlyrik zu einem autonomem Genre, innerhalb dessen sich zwei Grundtendenzen herausbilden, die äußere Erlebnisse und innere Gefühle des Subjektes zur Expression bringen wollen. Einerseits ist dies die mythisierende Beschwörung der großen Stadt als ein dämonisches Wesen, wie sie vor allem von Georg Heym vollzogen wurde, und andererseits die Auflistung der heterogenen Ereignisse und Sinneseindrücke im Reihungsstil des Simultangedichts, wie es etwa gleichzeitig von den Dichtern Ernst Blass, Jakob van Hoddis und Alfred Lichtenstein entwickelt wird.Letzteres Verfahren versucht, die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher urbaner Ereignisse und Wahrnehmungen in ein sprachliches Nebeneinander umzusetzen. Dagegen ist die mythisierende Großstadtdarstellung von Georg Heym ein Versuch, die öde Monotonie, die wilhelminische Erstarrung und Spießbürgerlichkeit sowie die gleichförmige Langeweile eines zunehmend technisch fremdbestimmten Lebens in der modernen Großstadt darzustellen. Zugleich erfolgt durch die Mythifizierung und Dämonisierung der großen Stadt, z.B. in der Baal-Gestalt in Heyms paradigmatischen Gedicht Der Gott der Stadt, eine Inkarnation der dämonischen Energien, von denen die Großstadt erfüllt ist.
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