Beschreibung
Seit dem tragischen Unfall, der ihre Kindheit brutal beendete, wird Alice OFarrell von ihrer Vergangenheit heimgesucht. Im Jahr 2005 musste sie auf ihren vierjährigen Bruder Jason im Haus ihrer Eltern aufpassen. Er bemalte ihr Schlafzimmer mit Fingernagellack und sie schrie ihn an, sodass er sich verzog. Während sie die Spuren zu beseitigen versuchte, machte er sich auf den Weg in den Keller und schaffte es, sich im Trockner einzuschließen, wo er starb. Von Schuldgefühlen geplagt, rannte Alice von zu Hause weg. Sie lebte auf der Straße unterm Radar, ertränkte ihre Schuld in Alkohol und zog häufig weiter, um nicht gefunden zu werden. Sechs Jahre später ist sie Alkoholikerin und arbeitet als Barkeeperin in einem herunterge-kommenen Striplokal in Harrisburg. Als sie nach einer weiteren betrunkenen Nacht neben der Leiche ihres Chefs aufwacht, findet sie eine Tasche mit Drogen und 91.000 Dollar in bar. Das Geld könnte ein Ausweg sein. Es folgt eine gnadenlose Hetzjagd, angeführt von Sinclair, einem mächtigen Drogenhändler, der unerbittlich und brutal ist. Doch Alice klammert sich an die Hoffnung, dass sie ihr Leben ändern kann. Dass die Dinge besser werden. Dass sie sich eines Tages mit ihren Eltern versöhnen kann und sie ihr vergeben werden.
Autorenportrait
Samuel W. Gailey wuchs in einer Kleinstadt im Nordosten Pennsylvanias auf und lebt heute auf der abgelegenen Orcas Island. Seine Bücher wurden mit Steinbeck und Cormac McCarthy verglichen und von der NY Times, Publishers Weekly, Kirkus, Esquire und anderen gelobt. Seine Geschichten sind faszinierende Studien menschlicher Schicksale.
Leseprobe
Sie starrte auf die Tasche, die aus einem Army-Shop stammen musste. Olivgrün, auf den Stoff mit schwarzer Farbe eine Seriennummer aufgedruckt. Dann sah sie wieder zu Terry, dessen Kopf nach links geneigt war, als wollte er seine Tasche im Auge behalten. Sie musste das Letzte gewesen sein, was er gesehen hatte, bevor er starb. Alice blickte erneut zu der verschlossenen Tasche. Sie wischte sich den Schweiß von der Oberlippe und schob sich näher heran, plötzlich wollte sie wissen, was darin war. Ich sollte die Cops rufen. Das konnte sie allerdings gerade nicht brauchen. Dem war sie im Moment einfach nicht gewachsen. Die Cops würden Fragen stellen. Sie würden in ihrer Vergangenheit graben und unschöne Dinge zutage fördern. Lieber nicht. Lieber nie. Wie gebannt starrte sie auf die Tasche - als wäre sie ein Kunstwerk. Etwas an dieser fest verschlossenen Army-Tasche wollte, dass sie sie öffnete. Sie würde die Polizei benachrichtigen müssen. Das war Alice klar. Was blieb ihr sonst auch übrig? Vielleicht könnte sie wenigstens einen kurzen Blick in die Tasche werfen? Terry war tot, was sollte er dagegen haben? Alice rieb sich übers Gesicht. Sie brauchte noch ein paar Minuten, um einen klaren Kopf zu bekommen, einen Schluck Orangensaft zu trinken, oder was Terry im Kühlschrank hatte, und zu versuchen, die Nacht zu rekonstruieren. Und ja, auch um einen Blick in die Tasche zu werfen. Das würde sie nämlich tun. Die Tasche war wie ein Glas Whiskey, das jemand einem Alkoholiker spendiert hatte und das darum bettelte, in einem Zug ausgetrunken zu werden. Es war keine Frage des Ob, sondern des Wann. Alice strich sich die Haare hinters Ohr, hob die Tasche auf ihren Schoß und zog den Reißver-schluss auf. Der Inhalt war keine Überraschung. Keine Socken oder Decken, keine Schuhe, kein Survival-Kit. Nichts dergleichen. Stattdessen Tütchen mit Koks. Viele Tütchen. Alice konnte nicht genau abschätzen, wie viel es war und welchen Marktwert es hatte, aber sie vermutete, dass es Schnee im Wert von zehn-, vielleicht zwanzigtausend Dollar war. Aber das war nicht alles. Alice grub tiefer und stieß auf ein paar Pillenäschchen. Amphetamine, Quaaludes, Vicodin. Und ein Fläschchen Rohypnol. Ach du Scheiße.