Beschreibung
Unsere heutige Zeit ist einseitig geprägt von Kopf und Verstandeskontrolle. Gefühle - zumal unerwünschte wie Angst, Wut oder Eifersucht - werden unterdrückt. Im Dialog mit seinen Schülern zeigt Osho, wie wir Verstand und Gefühl in Balance bringen und die Bejahung aller Aspekte des Seins wachsen lassen.
Autorenportrait
Osho wurde 1931 in Indien geboren. Bevor er als spiritueller Lehrer hervortrat, war er Philosophieprofessor an der Universität von Jabalpur. Seit den sechziger Jahren lehrte er spezielle Meditationstechniken, die insbesondere westliche Sucher in zunehmend
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TEIL I Das Wesen der Emotionen verstehen Emotionen können nicht von Dauer sein. Deshalb heißen sie Emotionen. Das Wort kommt vom Lateinischen movere - bewegen. Sie sind in Bewegung, daher »Emotionen«. Du wechselst ständig von einer zur nächsten. In diesem Moment bist du traurig, im nächsten Moment glücklich. In einem Moment bist du wütend, im nächsten voller Mitgefühl. In einem Moment bist du liebevoll, im nächsten voller Hass. Der Morgen war schön, der Abend ist schrecklich. Und so geht es ständig weiter. Dies kann nicht deine Natur sein, denn hinter allen Veränderungen muss es so etwas wie einen roten Faden geben, der alles zusammenhält. In einer Blumengirlande sieht man nur die Blumen, nicht den Faden. Doch es ist der Faden, der alle Blumen zusammenhält. In derselben Weise sind alle Emotionen nur Blumen - manchmal blüht Wut, manchmal blüht Traurigkeit, manchmal Glück, manchmal Schmerz, manchmal Leid. Doch es sind alles Blumen, und dein ganzes Leben ist die Girlande. Es muss einen Faden geben, sonst wärest du längst auseinandergefallen. Dein Wesen bleibt bestehen - was ist also der Faden, der Leitstern? Was an dir ist von Dauer? Die Ausgangssituation Die Mechanik des Verstandes Deine Emotionen, deine Stimmungen, deine Gedanken - sämtliche Requisiten deines Geistes - werden von außen manipuliert. Der Wissenschaft ist dies heute klarer geworden. Doch auch ohne wissenschaftliche Forschung sagen die Mystiker seit Jahrtausenden genau dasselbe, nämlich dass all die Dinge, mit denen dein Kopf gefüllt ist, nichts mit dir zu tun haben. Du bist außerhalb davon. Du identifizierst dich nur damit. Das ist das einzige Problem. Wenn dich zum Beispiel jemand beleidigt, wirst du wütend. Du denkst, du bist es, der wütend ist, aber wissenschaftlich ausgedrückt funktioniert die Beleidigung des anderen lediglich wie eine Fernsteuerung. Derjenige, der dich beleidigt, steuert dein Verhalten. Deine Wut ist in seiner Hand, und du verhältst dich wie eine Marionette. Heute können die Wissenschaftler Elektroden an bestimmten Zentren im Gehirn anbringen, und es ist kaum zu glauben: Die Mystiker sagen es seit Jahrtausenden, aber erst vor kurzer Zeit hat die Wissenschaft entdeckt, dass es Hunderte von Zentren im Gehirn gibt, die dein ganzes Verhalten steuern. Eine Elektrode kann an einem bestimmten Zentrum angebracht werden, zum Beispiel dem Zentrum für Wut. Keiner beleidigt dich, keiner beschimpft dich, keiner sagt etwas zu dir; du sitzt ganz still und glücklich da, und dann drückt jemand einen Knopf an der Fernbedienung, und du wirst wütend! Es ist ein sehr merkwürdiges Gefühl, weil du nirgendwo einen Grund sehen kannst, warum du wütend wirst. Vielleicht versuchst du es irgendwie zu rationalisieren. Du siehst einen Mann im Korridor vorbeigehen und erinnerst dich, dass er dich einmal beleidigt hat. Du wirst irgendeine Rationalisierung finden, nur um dich selbst zu beruhigen, dass du nicht verrückt bist. Wie kann man still dasitzen und plötzlich so eine Wut bekommen, ohne provoziert zu werden? Und derselbe Mensch an der Fernbedienung kann dich auch glücklich machen. Du sitzt auf deinem Stuhl und fängst an zu kichern. Du schaust dich um - wenn dich einer beobachtet, wird er denken, du bist verrückt geworden. Keiner hat etwas gesagt, nichts ist geschehen, keiner ist auf einer Bananenschale ausgerutscht. Warum kicherst du also? Du versuchst wieder es zu rationalisieren, irgendwelche vernünftigen Gründe für dein Kichern zu finden. Und das Merkwürdigste dabei ist, dass du, wenn derselbe Knopf noch einmal gedrückt wird und du wieder kicherst, wieder dieselben Gründe, dieselbe Beschwichtigung, dieselbe Erklärung präsentierst - nicht einmal die Rationalisierung ist deine! Es ist fast wie bei einer Schallplatte. Als ich über die wissenschaftlichen Untersuchungen dieser Zentren las, erinnerte ich mich an meine Studentenzeit. Ich war damals Teilnehmer an einem Debattier-Wettbewerb der Universitäten; alle Universitäten des Landes nehmen da Leseprobe