Fortschritt ist sozialer Wandel hin zu einer Situation, in der die Verhältnisse nicht nur anders, sondern besser werden etwa dadurch, dass die Sklaverei abgeschafft wird und die Vergewaltigung in der Ehe als Verbrechen gilt. Viele würden dem zustimmen und doch hat die Vorstellung eines generellen gesellschaftlichen Fortschritts ihren Glanz verloren. Sie ruft sogar Skepsis hervor. Hingegen wächst die Neigung, etwa die Zunahme autoritärer Ressentiments und rechtspopulistischer Bewegungen als eine Art von Regression zu bewerten.
Rahel Jaeggi verteidigt in ihrem Buch das Begriffspaar Fortschritt und Regression als unverzichtbares sozialphilosophisches Werkzeug für die Diagnose und Kritik unserer Zeit.Als fortschrittlich oder regressiv versteht sie nicht nur das Resultat, sondern auch die Gestalt der gesellschaftlichen Transformationsprozesse selbst.Indem sie nach den Dynamiken sozialen Wandels fragt sowie nach den Erfahrungsblockaden, die regressiven Tendenzen Vorschub leisten, entwickelt sie einen Begriff des Fortschritts, der strikt materialistisch und radikal plural, also durch und durch zeitgemäß ist.
Rahel Jaeggi, geboren 1967, ist Professorin für Praktische Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und leitet dort seit 2018 dasCentre for Social Critique.