Politische Philosophie als kritische Praxis

Theorie und Gesellschaft 62

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593384818
Sprache: Deutsch
Umfang: 273 S.
Format (T/L/B): 2.6 x 21.3 x 14.1 cm
Auflage: 1. Auflage 2009
Einband: Paperback

Beschreibung

James Tullys politische Philosophie zielt darauf ab, uns von Denkweisen zu befreien, die Unfreiheit und Unterdrückung verschleiern und akzeptabel machen. Er plädiert für ein anderes Denken, das mit kritischer, zivilgesellschaftlicher Praxis in einem Wechselverhältnis steht. Dieser Ansatz und sein philosophischer Hintergrund werden hier erstmals in deutscher Übersetzung vorgestellt und unter anderem auf folgende politische Fragen angewendet: die Anerkennung multikultureller und nationaler Vielfalt, globale Ungleichheit von Macht und Beteiligung, der Imperialismus der Globalisierung und die Abschwächung der Demokratie sowie die Rolle der Bürger im europäischen Integrationsprozess.

Autorenportrait

James Tully ist Professor für Politikwissenschaft, Recht, Philosophie und Indigene Kulturen an der Universität von Victoria, Kanada.

Leseprobe

Vorwort Dieser Band vereinigt sieben Aufsätze, die eine Auswahl meiner Arbeiten aus den Jahren 2000 bis 2008 darstellen. In ihnen experimentiere ich mit einer neuen Form der öffentlichkeitsorientierten Philosophie (public philosophy), die zu den gegenwärtigen politischen Auseinandersetzungen um Fragen der sozialen Gerechtigkeit in einer Beziehung des wechselseitigen Lernens stehen soll. Ihr Ziel ist es, die tatsächlichen Praktiken der Auseinandersetzung unter Bürgern historisch, kritisch und praktisch wirkungsvoll zu analysieren, und umgekehrt von den politischen Aktivisten zu lernen, wie die theoretische Herangehensweise noch verbessert werden kann. Anstatt aktuelle Probleme durch die Linse einer allgemeinen normativen Theorie oder einer Theorie der Modernisierung zu betrachten, konzentriere ich mich zunächst auf die tatsächlichen intersubjektiven Beziehungen zwischen Normativität, Macht und Formen der Subjektivität, in deren Rahmen sich die Bürger wechselseitig anerkennen, ihre Interaktionen koordinieren, die Verteilung von Gütern regeln und auf ihre Umwelt einwirken. Anschließend untersuche ich, welche Praktiken der bürgerlichen Freiheit ihnen zur Verfügung stehen, um diejenigen Aspekte dieser Beziehungen, die sie als unerträglich beschreiben, neu zu verhandeln und zu transformieren. Diese Praktiken der bürgerlichen Freiheit >demokratisieren< die umstrittenen Beziehungen, indem sie sie der Autorität der unterschiedlichen Verhandlungspraktiken eben jener Menschen unterstellen, für die sie gelten und die von ihnen betroffen sind. Wie unschwer zu erkennen ist, sind die von mir hierfür eingesetzten theoretischen Instrumente und Perspektiven stark von Wittgenstein, Foucault und der Cambridge School beeinflusst. Nachdem ich mich mit konstitutionellem Wandel, den Kämpfen indigener Völker und Umweltschutzbewegungen befasst hatte (Tully 1995; 2000c; 2001b), habe ich mich Auseinandersetzungen über die vorherrschenden Normen wechselseitiger Anerkennung und der Verteilung in den heutigen konstitutionellen Demokratien zugewendet. In diesem Band finden sich zwei für meine Beschäftigung mit diesen Fragen repräsentative Aufsätze: In Kapitel II geht es um multikulturelle und multinationale Gesellschaften, und in Kapitel III gebe ich einen Überblick über dieses gesamte Forschungsfeld seit den 1970er Jahren und mache einen Vorschlag, in welche Richtung es sich weiterentwickeln könnte. Anschließend habe ich mich der Frage zugewendet, ob sich auch die globalen Beziehungen jenseits der Ebene der Nationalstaaten auf dieselbe Weise analysieren lassen. Kapitel IV bewegt sich zunächst im Rahmen der theoretischen Debatten über Konstitutionalismus und Demokratie und zeigt dann, wie man Schritt für Schritt zu einer stärker kontextualisierenden und pragmatischeren Analyse globaler Politik und globalen Rechts gelangen kann. In Kapitel V und Kapitel VI vertrete ich die Ansicht, dass man globale Beziehungen der Abhängigkeit und der Ungleichheit historisch genau und ebenso kritisch wie praktisch wirkungsvoll interpretieren kann, indem man sie als informelle imperialistische Beziehungen versteht, die die Entkolonialisierung überlebt haben. Auf der Grundlage einer solchen Charakterisierung der Globalisierung lassen sich dann die Praktiken bürgerlicher Freiheit untersuchen, die den Bürgern sowohl im Norden wie im Süden der Welt zur Verfügung stehen, wenn sie diese imperialistischen Beziehungen in demokratische Beziehungen der wechselseitigen Abhängigkeit verwandeln wollen. Das kann gelingen, indem diese Beziehungen den Verhandlungspraktiken derjenigen unterworfen werden, die von ihnen regiert werden. Mit derselben Stoßrichtung fragt Kapitel VII, wie sich die europäische Integration auf der Grundlage der demokratischen Freiheit europäischer gemeinsinnorientierter Bürger neu denken ließe, wenn diese hier und jetzt mehr Einfluss auf die kulturellen, wirtschaftlichen und internationalen Beziehungen hätten, denen sie unterworfen sind. In all diesen Fal

Inhalt

Inhalt Eine politische Theorie der Freiheit: Das Werk von James Tully von Rainer Forst Vorwort I. Politische Philosophie als kritische Praxis II. Ein neues Verständnis von Bürgerschaft und Zugehörigkeit in multikulturellen und multinationalen Gesellschaften III. Anerkennung und Dialog: Die Entstehung eines neuen Feldes der Forschung und der Politik IV. Die Unfreiheit der Modernen verglichen mit ihren Idealen der konstitutionellen Demokratie V. Über Recht, Demokratie und Imperialismus VI. Der Imperialismus der modernen konstitutionellen Demokratie VII. Ein neues Europa? Demokratische Integration in der Europäischen Union Literatur Drucknachweise

Schlagzeile

Theorie und Gesellschaft Herausgegeben von Jens Beckert (Köln), Rainer Forst (Frankfurt), Wolfgang Knöbl (Göttingen), Frank Nullmeier (Bremen) und Shalini Randeria (Zürich)>