Beschreibung
Vor zehn Jahren erschien erstmals diese Dokumentation über Mädchen und Frauen im Zweiten Weltkrieg. Sie basiert auf Gesprächen mit und Dokumenten von mehr als 500 Frauen. Ihre Berichte darüber, was sie in jener Zeit erlebten, wie sie sich zum Nationalsozialismus verhielten und wie sie die harten Nachkriegsjahre überstanden, hat Margarete Dörr zu einer nach wie vor lesenswerten Lektüre zusammengestellt. Sie macht deutlich, dass Frauen im Krieg ihre ganz eigenen Erfahrungen durchlebten.
Autorenportrait
Margarete Dörr, geboren 1928, war Gymnasiallehrerin und Fachleiterin für Geschichte am Seminar für Studienreferendare in Stuttgart und Heilbronn. Bei Campus erschien von ihr 2007 'Der Krieg hat uns geprägt. Wie Kinder den Zweiten Weltkrieg erlebten'.
Leseprobe
Margarete Dörrs Darstellung der Kriegs- und Nachkriegszeit geht mit den Selbstaussagen der interviewten Frauen und den von ihr darüber hinaus ausgewerteten schriftlichen Selbstzeugnissen von Frauen aus dieser und über diese Zeit sehr behutsam um, nimmt sie in jeder Beziehung ernst, ordnet sie jedoch - vor dem Hintergrund ihres umfassenden historischen Wissens über die Geschichte dieses Zeitraums - interpretierend, differenzierend und ergänzend zu einem facettenreichen Gesamtbild. Allein dieser Facettenreichtum erweitert unseren Wissensstand über die Jahre zwischen 1933 und 1948/49 beträchtlich. Aus der Vielzahl der Erkenntnisse und Einsichten im einzelnen, die Margarete Dörr formuliert und zu denen das von ihr aufbereitete Material anregt, wird jede Leserin und jeder Leser je nach Frageinteresse anders wichtig sein. Ich will hier abschließend nur einige der in meinen Augen besonders wichtigen Punkte nennen, die diese Darstellung ein weiteres Mal belegt bzw. das erste Mal in dieser Deutlichkeit sichtbar werden läßt. Dabei möchte ich vor allem solche Aspekte hervorheben, die sich - auch wenn es "die" Frauengeschichte dieser Jahre nicht gibt - als eine Art Grundtenor durch die Wahrnehmungsmuster hindurchziehen: - Weder das Jahr 1933 noch das Jahr 1939, noch das Jahr 1945 stellen auf der wahrnehmungsgeschichtlichen Ebene einen Bruch dar. Die Übergänge verliefen vielmehr schleichend, in unterschiedlicher Weise zeitversetzt; dasselbe galt für die Wahrnehmung der repressivsten Seiten des NS-Systems, der Entrechtung und Verfolgung von Juden, Ausgegrenzten und politisch Unangepaßten. - Zu den zahlreichen Aspekten des nationalsozialistischen Staats- und Gesellschaftssystems, die die befragten Frauen als positiv empfanden, gehörte nicht zuletzt die nationalsozialistische Frauen- und Familienpolitik, die als Aufwertung der Bedeutung der Hausfrauen und Mütter für das große Ganze empfunden wurde - eine Aufwertung, die vor dem Hintergrund der vor 1933 ebenso wie nach 1945 vorherrschenden deutlich geringeren öffentlichen Anerkennung für diese Aufgaben besonders auffällt. - Ein weiteres positiv empfundenes Moment des "Dritten Reichs" war die von vielen Frauen geteilte Illusion der Volksgemeinschaft - eine Illusion, die aus dem Rückblick kaum an Faszination verloren zu haben scheint, obwohl sie, wie die Berichte des Sicherheitsdienstes über die Stimmung der Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg belegen, damals von nicht wenigen Zeitgenossinnen und Zeitgenossen bereits als Illusion durchschaut worden ist. Es ist eines der vielen Paradoxa der Wahrnehmungsgeschichte des "Dritten Reichs", daß die große Bedeutung des Gefühls, in einer homogenen Gemeinschaft zu leben, durch das allgegenwärtige Gefühl, sich ständig vorsehen zu müssen, um nichts Falsches zu sagen und zu tun, nicht relativiert worden zu sein scheint. - Die vorherrschende Einstellung der Frauen ist am ehesten als Desinteresse an politischen Fragen und allem, was nicht unmittelbar dem eigenen Lebenskreis zuzurechnen war, zu beschreiben. Eng damit verbunden ist die damalige und rückblickende Selbsteinschätzung der meisten Frauen als unpolitisch - eine Selbsteinschätzung, die manche der befragten Frauen im nachhinein in beeindruckender Weise reflektieren, indem sie betonen, daß gerade dieses vorgeblich unpolitische Desinteresse im Rückblick als politisch zu betrachten sei, und Schlußfolgerungen für ihr heutiges Verhalten daraus ziehen. - Die weitgehende Zustimmung der meisten Frauen zur Politik des Nationalsozialismus beruhte weniger auf einer ideologischen Affinität zu dessen Weltanschauung - obwohl auch diese eine Rolle spielte- als auf der tief verankerten Vorstellung, die Obrigkeit wisse schon, was sie tue, und habe für ihre Maßnahmen auch dort eine moralische Rechtfertigung parat, wo das eigene moralische Empfinden Bedenken anmeldete. - Vor allem jüngere Frauen erlebten die Kriegsjahre als Eröffnung neuer Lebensperspektiven - durch neue Tätigkeitsbereiche ebe ...
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