Grundbegriffe der Personenzentrierten und Focusing-orientierten Psychotherapie und Beratung (Leben Lernen, Bd. 155)

Leben Lernen 155

45,00 €
(inkl. MwSt.)
In den Warenkorb

Nicht lieferbar

Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608896978
Sprache: Deutsch
Umfang: 397 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 21 x 13.5 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Mit der Veröffentlichung der 'Grundbegriffe' liegt das bislang einzige Wörterbuch zur Personzentrierten Psychotherapie nach Carl Rogers (auch als klientenzentrierte oder Gesprächspsychotherapie bekannt) und zur Focusing-orientierten Methode nach Eugene Gendlin vor. Das personzentrierte Verfahren ist Teil der Fachausbildung in psychologischer Beratung und Supervision. Mit mehr als 8000 Mitgliedern verfügt diese Richtung über den größten psychologischen Fachverband. In Österreich ist das Verfahren die meistgewählte Psychotherapiemethode. Focusing und Gesprächspsychotherapie weisen eine Reihe von grundlegenden Gemeinsamkeiten auf, die es nahelegen, beide Ansätze in einem Wörterbuch zusammenzufassen: Beiden ist eine ganzheitliche Sichtweise des Menschen wichtig. In den Blick kommen nicht nur die Störungen und 'Mängel', sondern ebenso die Ressourcen eines Klienten. Beide Methoden arbeiten 'erlebensorientiert '; das heißt, das seelisch-körperliche Erleben des Klienten ist der Ausgangspunkt der therapeutischen Intervention, und die Weiterentwicklung des therapeutischen Prozesses ist erklärtes Ziel. Das Wörterbuch umfaßt etwa 160 ausführlich dargelegte Stichwörter; dazu kommen Kurzbiographien der wichtigsten Vertreter beider Methoden - ein Basiswerk für die psychologische und sozialpädagogische Aus- und Weiterbildung und für die beraterische und therapeutische Praxis.

Autorenportrait

Dr. phil. Johannes Wiltschko ist Psychotherapeut in eigener Praxis in München und Eggelsberg (Österreich) und Leiter des Deutschen Ausbildungsinstitutes für Focusing und Focusing-Therapie in Würzburg. Wolfgang Walter Keil, Mag. rer. soc. oec., Klientenzentrierter Psychotherapeut; Ausbilder und Lehrtherapeut in der Österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliche klientenzentrierte Psychotherapie und personorientierte Gesprächsführung (ÖGwG); Gruppentherapeut und Gruppendynamiktrainer in Wien.

Leseprobe

Empathie Theodor Lipps (1907; zit. nach Goldstein und Michaels 1985) beschreibt Einfühlung (Empathie) als eine Form der inneren Imitation, die der Wesenserfassung von Objekten dient. Rogers (1959/ 1987) erweitert Empathie um den kommunikativen Aspekt und rückt so deren intersubjektive Funktion in den Mittelpunkt. Damit gewinnt der Begriff Eingang in die Psychotherapie. Empathie ist eine Dimension sozialen Verstehens, der eine arteigene Disposition zugrunde liegt. Sie ist eine Erfahrung, unmittelbar der Gefühlslage eines anderen teilhaftig zu werden und sie so zu verstehen. Trotz dieser Teilhabe bleibt das Gefühl aber anschaulich dem anderen zugehörig (Bischof-Köhler 1989). Der Prozess empathischen Verstehens zielt motivational prosozial auf Verbindung und ist seinem Wesen nach kommunikativ und setzt Handlungsimpulse (Binder 1994). Empathische Prozesse vollziehen sich in der Regel automatisch. Sie bleiben aber hinsichtlich Aktivierung oder Unterdrückung der willentlichen Steuerung zugänglich. Obgleich der jeweilige Erfahrungshintergrund, der das Material zum empathischen Verstehen liefert, sich aus emotional-affektiven und kognitiven Anteilen konstituiert, sind empathische Prozesse dem affektiv-emotionalen Bezugssystem und dem prosozialen Motivationsbereich zuzuordnen. Damit ist Empathie begrifflich deutlich zu unterscheiden von der kognitiven sozialen Perspektivenübernahme, die ein eher rational akzentuiertes Sich-in-die-Lage-des-anderen-Hineindenken ist. Diese ist eine instrumentelle Fähigkeit, die auf eine objektive Einordnung und Bewertung zielt (Bryant 1990). Die Fähigkeit zur Empathie entwickelt sich in sozialen Wechselwirkungen über Vorformen wie Gefühlsansteckung und situative Perspektiveninduktion. Diese vollziehen sich über von Geburt an gegebene Tendenzen zu alterzentrischer Partizipation (Braten 1998). Erst bei gegebener Ich-Andere-Differenzierung (im Alter von 16-24 Monaten) tritt Empathie im eigentlichen Sinne auf. Bei Überforderung dominieren wieder Vorformen, die lebenslang als Bestandteil empathischer Prozesse erhalten bleiben. Erst mit der Entwicklung einer relativ stabilen eigenen Identität entwickelt sich die Fähigkeit zu empathischem Verstehen von überdauernden Merkmalen von Personen (Hoffman 1990). Empathische Prozesse haben einen zentralen Stellenwert für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Bindungs-, Beziehungs- und Selbstsysteme und dienen der Identitätsbildung. In der ® Personzentrierten Psychotherapie ist der fortlaufende Prozess empathischen Verstehens sowohl ® Grundhaltung als auch Methode, stringent in der ® Persönlichkeitstheorie und in der Theorie der Psychotherapie (® Therapietheorie) und Persönlichkeitsveränderung verankert. Der zentrale Stellenwert von Empathie in der Personzentrierten Psychotherapie ergibt sich aus der Bedeutung von Empathie im allgemeinen Sinne für die Pathogenese/Ätiologie psychischer Störungen (® Ätiologiekonzeption). Aus der Entwicklungspathologie belegt, ist mangelnde, inadäquate bzw. diskontinuierliche Empathie der Bezugspersonen in Wechselwirkung mit den Voraussetzungen des Kindes relevant für psychopathologische Entwicklungen (® Entwicklungstheorie). Die von Rogers konzipierte Inkongruenztheorie (® Inkongruenz) im Hinblick auf die Entstehung und den Verlauf psychischer Störungen enthält als wesentlichen konzeptionellen Bestandteil beschädigte organismische Wertungen (® Organismus) auf der Basis defizitärer Empathieerfahrungen. Die kurative Potenz von Empathie in der Psychotherapie hat eine Entsprechung in der Bedeutung von Empathie für die Entwicklung psychischen Funktionierens. Rogers formuliert (1959/1987, S. 37): 'Empathisch zu sein bedeutet, den inneren Bezugsrahmen des anderen möglichst exakt wahrzunehmen, mit all seinen Komponenten und Bedeutungen, gerade so ›als ob‹ man die andere Person wäre, jedoch ohne jemals die ›Als-ob-Position‹ aufzugeben.' In dieser Definition wird die Ich-Andere-Differenzierung betont. In späteren Formulierungen von Rogers (1992) werden einige Aspekte von empathischem Verstehen, 'als eine Art mit einem Menschen zusammen zu sein' (S. 24), deutlicher: Der emotional-affektive Aspekt wird betont durch stringente Abgrenzung von Verstehensdimensionen, bei denen durchschauende, erklärende und bewertende Absichten im Vordergrund stehen. Rogers spricht von 'sich feinfühlig im Leben des anderen bewegen, ohne Vorurteile zu fällen, Bedeutungen zu spüren, aber nicht Gefühle aufzudecken' (ebd.). Der kommunikative intersubjektive Aspekt wird folgendermaßen formuliert: 'Empathie schließt ein, dass man seine Wahrnehmung von ihrer (der anderen Person; d. V.) Welt mitteilt, indem man mit ungetrübtem Blick auf die Dinge schaut, vor denen sie sich fürchtet. Empathie bedeutet häufig mit ihr (der anderen Person; d. V.) die Genauigkeit der Wahrnehmung zu überprüfen und sich von den entsprechenden Reaktionen leiten zu lassen, die man erhält' (S. 24). Der prozessuale Charakter wie das Ausmaß an Empathie zeigen sich für Rogers darin, dass der Psychotherapeut etwas berührt, was für den Klienten noch 'ganz knapp unter der Schwelle des Bewusstseins' ist und ihm in der Folge zugänglich wird. Therapeutische Empathie - als emotional affektives Bezugssystem - entwickelt sich in Wechselwirkung mit therapeutischen Erfahrungen. Sie wird komplexer, differenzierter, bereichsspezifischer und verfügbarer. Dabei assimiliert sie kognitives Material in ihre Struktur, ohne selbst primär kognitiv zu werden. Empathie (empathisches Verstehen, empathische Prozesse und ihre adäquate Vermittlung) als zentrales Veränderungsagens im psychotherapeutischen Prozess bezieht sich auf die Wahrnehmung, das Erfassen und das Verstehen des Klienten in allen - im weitesten Sinne - therapierelevanten Bereichen: die phänomenale Welt, d.h. das Erleben und seine Bedeutungen, Verursachungszusammenhänge, Ordnung, d.h. Struktur, Geschichte, d.h. Entwicklung, und daraus resultierend die für das therapeutische Handeln relevanten Veränderungsbedingungen. Von Beginn der Konzeptualisierung des Konstrukts therapeutischer Empathie an war es das Anliegen und Verdienst von Rogers und Mitarbeitern, seine Hypothesen neben der klinischen Erprobung empirischer Überprüfung zugänglich zu machen. Aus der Vielfalt von Forschungsthemen seien beispielhaft genannt: Entwicklung von Verfahren zur Erfassung empathischen Verhaltens, Untersuchungen zur Faktorenstruktur von Empathie, Zusammenhänge mit anderen zentralen Bestandteilen des Ansatzes, Erlernen empathischen Verhaltens, Empathie und unterschiedliche Klientengruppen, Empathie und Therapieprozess, Empathie und 'outcome'. Die Grundannahmen der Empathietheorie konnten im Wesentlichen bestätigt werden (Bohart & Greenberg 1997).

Schlagzeile

'Dieses Nachschlagewerk war schon lange fällig!' Veronika Poch (Psychotherapie-Forum)>

Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung

Hersteller:
Klett-Cotta J.G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger
info@klett-cotta.de
Rotebühlstraße 77
DE 70178 Stuttgart