MERKUR Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken 820

71. Jahrgang, September 2017

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608974591
Sprache: Deutsch
Umfang: 102 S.
Format (T/L/B): 0.8 x 23.3 x 15.2 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Im Aufmacher des Septemberhefts 2017 (Nr. 820) geht der Soziologe Dirk Baecker der Frage nach, was genau nochmal die Wirklichkeit war oder ist. Mit dem Kulturgüterschutz in Recht und Realität setzt sich Steffen W. Groß auseinander - und muss feststellen, dass es an allen Ecken und Enden Defizite gibt. Im zweiten Teil von Heiko Christians' Tour d'horizon zur Lage der Bildung in der Gegenwart geht es unter anderem um Technikgläubigkeit, Flow-Management und auch um Gespenster. Ungewöhnlich ist der jüngste Hausbesuch in David Wagners Reihe: Er ist am Heiligabend mit seinem dementen Vater in Bonn unterwegs. Christoph Menke analysiert in seiner Philosophiekolumne das berühmte Böckenförde-Theorem unter der Fragestellung, ob es ein liberales Argument ist oder nicht. In Holger Schulzes Klangkolumne geht es um Meme-Wars zu Trump. Das neueröffnete Museum of European History in Brüssel hat Stefan Krankenhagen zu seiner eigenen Überraschung sehr gerne besucht. Felix Heidenreich hingegen wundert sich über die überflüssige Identitätsrhetorik im Europa-Diskurs. Und Thomas Thiemeyer blickt auf die zahlreichen Debatten zurück, die in Deutschland seit den neunziger Jahren um den Begriff der "Leitkultur" geführt wurden. Stephan Wackwitz, scheidender Direktor des Goethe-Instituts in Tbilissi, porträtiert eine sehr ungewöhnliche junge Frau aus Georgien. Valentin Groebner war in Sizilien und schreibt über manches, das ihm dort begegnete. Schließlich sieht Harry Walter Weißes auf Schwarzem - und weiß nicht immer ganz genau, ob das Sterne am Himmelszelt sind oder nicht.

Autorenportrait

Christian Demand, Jg. 1960, hat Philosophie und Politikwissenschaft studiert und die Deutsche Journalistenschule absolviert. Er war als Musiker und Komponist tätig, später als Hörfunkjournalist beim Bayerischen Rundfunk. Nach Promotion und Habilitation in Philosophie unterrichtete er als Gastprofessor für philosophische Ästhetik an der Universität für angewandte Kunst Wien. 2006 wurde er auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg berufen, wo er bis 2012 lehrt. Buchveröffentlichungen: Die Beschämung der Philister: Wie die Kunst sich der Kritik entledigte (2003), Wie kommt die Ordnung in die Kunst? (2010). Christian Demand ist Herausgeber des >> MERKUR.

Leseprobe

Zitate aus Merkur, Nr. 820, September 2017 Erneut ist die Wirklichkeit genau das, was sich entzieht. Prägnant ist die Frage nach ihr, während jede Antwort weitere Fragen aufwirft. Als Wissenschaftler muss ich die Frage entscheiden, welche Abhängigkeit ich untersuchen will. Philosophisch heißt das jedoch, dass ich die Frage auch entscheiden kann. Und das wiederum bedeutet, dass sie umstritten sein darf, vielleicht sogar muss. Dirk Baecker, Was ist nochmal Wirklichkeit? Nur ein einziger Aspekt sorgt noch für Irritation: Bildung ist als seltsam retardierendes Moment in diesen Umstrukturierungsprozessen und Diskussionen trotzdem immer noch präsent. Sie geistert noch herum, Bildung ist sozusagen das schlechte Gewissen der Dauerreform. Man sieht das ganz einfach daran, dass man das Wort nicht verabschiedet, obwohl man das mit der Sache längst getan hat. Heiko Christians, Bildung und Umgebung (II) Die Doppelstrategie des IS im Umgang mit dem antiken Erbe reflektiert den doppelten Charakter dieser Objekte, die als Kulturgüter symbolische Bedeutungsträger sind, zum anderen aber als Kunstwerke und antike Artefakte zugleich Kulturgüter im ökonomisch-kommerziellen Sinn. Damit unterliegen sie Angebot und Nachfrage, sie werden auf Märkten gehandelt, und sie haben einen Preis. Steffen W. Groß, The Monuments Men Are Back Früher war ich das Kind, heute ist Papa das Kind. Und mein Kind, daran muss ich nun denken, ist eigentlich kein Kind mehr. Papa hingegen ist es wieder geworden. Und wie ein Kind fragt er jetzt wieder, schon wieder, wohin wir denn gehen. David Wagner, Hausbesuche III - Bonn Daraus folgt, dass es keine vorpolitischen Voraussetzungen gibt, auf die der liberale Staat sich "am Tag der Krise" stützen könnte. Indem der liberale Staat dies glaubt, verwandelt er diese Voraussetzungen, gleich ob Kultur oder Religion, in etwas Vorliegendes oder Gegebenes, das er bloß aufzunehmen braucht, weil es von selbst existiert. Für den liberalen Staat ist daher gerade die freiheitliche Kultur bloß wie Natur: das, was von selbst entsteht und besteht. Die politische Inanspruchnahme naturalisiert die Kultur. Christoph Menke, Philosophiekolumne Am Tag der Amtseinführung (Trumps) wurde Richard Spencer an einer Straßenecke in Hörweite zum großen Ereignis interviewt, als eine Figur im schwarzen Kapuzenpulli auf ihn zu stürzte und ihm einen Hieb ins Gesicht versetzte. Die Aufzeichnung dieses Vorfalls wurde umgehend verbreitet, aufbereitet, vertont. Der Klangwiderstand trat damit in eine neue Phase. Der Spencer-Hieb wurde zum audiovisuellen Zeichen des Widerstands, zum Emblem, vielfach variiert. Holger Schulze, Klangkolumne Ohne im Ästhetizismus zu erstarren hat das House ungewohnte oder zumindest multiple Formen gefunden, seine Objekte zu präsentieren. Mal hochgradig zum Bild gemacht, mal serialisiert oder exemplarisch aufbereitet wie die Klassenfotos aus europäischen Ländern, anhand derer die verschiedenen Bildungssysteme beleuchtet werden. Möchte ich darüber nichts wissen, kann ich mich am Bild einer Grundschulklasse freuen, mit Schülern, die Brezeln auf dem Schoss haben, die beinahe größer sind als die einzelnen Kinder. Stefan Krankenhagen, Gegründet 2017 als House of European History Die oft verwendete Formel "Zukunft braucht Herkunft" wird aus dieser Sicht erst in der Negation richtig: Zukunft wird dann gestaltbar, wenn man sich aus der Pfadabhängigkeit der Herkunft nach Kräften zu lösen versucht. Insofern gilt gerade: Zukunft braucht Überwindung von Herkunft. Felix Heidenreich, Die EU braucht keine Identität Medea polarisierte. Viele meiner Intelligentsia-Bekannten waren über unsere Freundschaft regelrecht schockiert. Dass eine junge Frau sich so unbekümmert öffentlich darstellte, war in Georgien nicht vorgesehen. Wobei ihr flamboyantes Verhalten, wie ich stückweise zu ahnen begann, eigentlich eine Flucht nach vorn war, eine Flucht vor dem sozialen und ethnischen Stigma. Stephan Wackwitz, Medeas Geschichte De