Beschreibung
Nur wenige deutsche Architekten, die in großem Maßstab bauen, arbeiten auch Maßstab setzend. Bruno Taut, Ernst May oder Fritz Schumacher wären in diesem Zusammenhang zu nennen. In diese Reihe gehört auch Otto Steidle, der mitten in der architektonischen Wüste des Baubooms der Wirtschaftswunderzeit nach neuen Wohnformen auf demokratischer Basis suchte, die er später - modifiziert und adaptiert - in Deutschland, Italien oder China umsetzte. Es geht ihm nicht um Hightech-Bauten - nichts veraltet schneller als technische Innovationen -, vielmehr um Frei- und Zwischenräume als Angebot zur individuellen "demokratischen" Besetzung von Räumen. Steidles Bauten folgen nicht der globalen Tendenz zu technoider Entmaterialisierung. Im Gegenteil: sie zeigen Volumen, Material und Farbe, sie lösen sich nicht auf, simulieren nicht Transparenz, sondern bilden Räume, die Alt und Neu, Öffentlich und Privat umgreifen und dennoch nicht determinieren.
Autorenportrait
Otto Steidle geboren 1943 in München, Studium an der Staatsbauschule und an der Kunstakademie München, 1966 Gründung des Architekturbüros Muhr + Steidle, 1969 Steidle + Partner, seit 1991 Professor für Architektur an der Akademie der Bildenden Künste, zahlreiche Gastprofessuren, verstarb im Frühjahr 2004. Eine Auswahl seiner wichtigsten Bauten: Wohnanlage Genterstraße, München; Internationales Begegnungszentrum, Berlin; Verlagshaus Gruner + Jahr, Hamburg; Michaelisquartier, Hamburg; Universität Ulm; Alfred-Wegener-Institut, Bremerhaven; Neubebauung Theresienhöhe, München; Beijing Image, Peking; Olympisches Dorf, Turin Winfried Nerdinger geboren 1944 in Augsburg, Architekturstudium an der TH München, 1971 Diplom, 1979 Promotion in Kunstgeschichte, seit 1986 Professor für Architekturgeschichte und Direktor des Architekturmuseums an der TU München.