Eine Reise zu Dante

Zehn Begegnungen zwischen Florenz und Ravenna, CORSO 80

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783737407694
Sprache: Deutsch
Umfang: 256 S., 100 Farbfotos
Format (T/L/B): 2.4 x 24.5 x 17.5 cm
Lesealter: 15-99 J.
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Für viele Italiener gehört Dante heute quasi zur Familie, er ist ein poetisch-politisches Symbol, das Italien sprachlich und als Nation geeint hat, ein Mythos der vom Mittelalter in die Moderne reicht - aber Mittelalter, ist das nicht staubig, veraltet, überholt, weit weg von unserer modernen Lebenswelt? Nein, denn damals waren das Leben und die Bücher viel bunter, vielfältiger und humorvoller als die weitverbreiteten Vorstellungen vom dunklen, einheitlichen, bieder-ernsten Mittelalter vermuten lassen. Nach über 20 Jahren in Italien warf Barbara de Mars ihre falschen Berührungsängste über Bord und ging - auf unfreiwillige Anregung Goethes hin - mit Dante ins Bett. Es blieb nicht nur bei der Begegnung von Buch und Bett, es zog sie hin zu den Lebens- und Schaffensorten Dantes zwischen Florenz und Ravenna, wo sie Menschen traf, die alle Verse auswendig können, Menschen, die von Dante geprägt wurden und ihre Passion großherzig teilen. De Mars folgt den Höhen und Tiefen von Dantes turbulentem, bedingungslos gelebtem Leben durch seelische Nöte bis hin zu Geldsorgen, zu existenziellen Ängsten im Exil und stellt fest: Indem wir mit Dante reisen, lernen wir uns selbst besser kennen. Nicht weil er Antworten liefert, sondern wegen der Fragen, die er stellt. Über aller Ungewissheit thront jedoch seine Gewissheit der Liebe als stiller und doch die Welt bewegender Kraft, ebenso wie das gute Ende seiner Göttlichen Komödie: 'andrà tutto bene', alles wird gut, ein zuversichtliches, stärkendes Mantra für chaotische Zeiten.

Autorenportrait

Barbara de Mars studierte in München Germanistik, Theaterwissenschaften, Internationales Recht und Medienmarketing. Sie arbeitete fürs Fernsehen, schreibt für deutsche und italienische Medien, organisiert Seminare und Reisen. Seit über 20 Jahren lebt sie in Italien, die längste Zeit davon im 'goldenen Dreieck' der Toskana zwischen Florenz, Arezzo und Siena.

Leseprobe

Über 20 Jahre widerstand ich Dante konsequent und erfolgreich, bevor ich mit ihm ins Bett ging. Bewusst hörte ich weg, wenn sein Name fiel und strafte Vorträge über ihn geflissentlich mit Nichtachtung. Mittelalterlich verfilzt wird er sein, dachte ich, bieder und religiös verbohrt sowieso. Wie alle anderen kannte ich natürlich einschlägige Zitate aus der Komödie: 'Ihr, die ihr herkommt, lasset alle Hoffnung', 'Reden wir nicht von ihnen, schau und geh vorüber!' Es waren Splitter eines zerbrochenen Spiegels, die kein Bild ergaben. Mit der Zeit begann jedoch eine graue Vorstellung an mir zu nagen, ich könnte vielleicht doch etwas versäumen, wenn ich Dante nicht kannte. Aber da ich nun einmal auf dem hohen Ross der Moderne saß, klammerte ich mich weiter an meine Vorurteile, die über die Jahre großzügig ins Kraut schossen. Italien ließ sich auch ohne Dante genießen. Was würde ich schon verpassen? Eine Hakennase, hängende Mundwinkel, die durch einen deutlichen Unterbiss noch betont wurden und einen grimmigen Blick. Die Tatsache, dass für den Italiener an sich und den Florentiner im Besonderen Durante di Alighiero degli Alighieri fast so etwas wie ein Mitglied der eigenen Familie und jovial einfach 'Dante' ist, machte ihn mir zusätzlich suspekt. Ebenso die bisweilen schmachtende, oft aber erstaunlich aufrichtige Verehrung, von der nicht nur isolierte gesellschaftliche Klassen befallen sind, sondern die sich querbeet durch saloni e salotti zieht. Mittlerweile wird am 25. März jeden Jahres nicht nur Mariä Verkündigung, sondern ein nationaler Gedenktag für den Dichter gefeiert, der 1265 'am schönen Arno, in der großen Stadt' geboren und 1302 von seinen florentinischen Mitbürgern in die Verbannung gejagt wurde, in der er 1321 starb. In Ravenna, fern der geliebten Heimat. Dante hat mit seinen Überlegungen zur Volkssprache und seiner in volgare verfassten Komödie das Gewirr an Sprachen und Dialekten, welches sich noch lange nicht Italienisch nannte, zusammengeschweißt. Sein Hauptwerk nannte er Komödie, weil alles ein gutes Ende nimmt: 'andrà tutto bene', alles wird gut! Damals wie heute ein willkommenes und vielleicht das einzig mögliche Mantra für ein chaotisches, krisengeschütteltes Italien, 'Schiff ohne Steuermann im wilden Sturm'. Neben der Bibel ist die Komödie eines der am meisten kommentierten und übersetzten Bücher der Weltliteratur. Der bekennende Dante-Jünger Giovanni Boccaccio hatte den richtigen Riecher, als er ihm das Adjektiv 'göttlich' voranstellte. Rund 700 Jahre nach dem Ableben des Dichters hegen in seinem Namen weltweit über 400 Gesellschaften in 80 Ländern die italienische Sprache und Kultur. Man sollte meinen, dass diese Argumente jeden Kritiker überzeugen und Dante in die offenen Arme treiben würden. Doch ich blieb standhaft und beließ seine Bücher im Regal. Einen ersten Riss bekam meine ebenso naive wie selbstgewisse Haltung allerdings, als ich zufällig ein Gespräch Goethes mit Johann Peter Eckermann vom 3. Dezember 1824 las: 'Ihnen, wendete sich Goethe freundlich zu mir, soll das Studium dieses Dichters von Ihrem Beichtvater hiemit durchaus verboten sein.' Hoppla. Warum wollte der Platzhirsch der deutschen Dichtung dem literarisch interessierten Laien ausgerechnet die Lektüre Dantes verweigern? In diesem doch eher unscheinbaren Moment erwachte meine Neugier auf dieses rätselhafte Phantom, von dessen Komödie zwar hunderte Abschriften erhalten sind, aber keine einzige von ihm selbst verfasste. Jetzt stehe ich also in Florenz unweit der Stazione Santa Maria Novella an einer Ampel und wundere mich ein bisschen, dass ich einem ungefähren Impuls nachgegeben habe. Julia hatte mich eingeladen bei ihr an einer Dante-Lesung teilzunehmen und ohne Nachzudenken hatte ich zugesagt. Die gebürtige Engländerin, Jahrgang 1937, emeritierte Mediävistik-Professorin sowie Mutter dreier Kinder lebt in einem kleinen Häuschen nicht neben, sondern auf einem Friedhof für Nichtkatholiken. Da dort aber neben der Tochter von Maler Arnold Böcklin und Verleger Jean-Pierre Vieusseux vor allem englischsprachige 'Gäste' wi

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