Beschreibung
Anfang der 1980er Jahre hat Irina Liebmann das Viertel um den Hackeschen Markt fotografiert. Was als Material für einen Roman gedacht war, wurde zu einer ungewöhnlichen Fotoserie. In einem begleitenden Essay geht sie ihren eigenen Erinnerungen als Bewohnerin dieses Viertels zu DDR-Zeiten sowie seiner Geschichte nach. "Nur in der Gegend zwischen nördlicher Friedrichstraße und Alexanderplatz stand damals noch ein echtes Stück von der alten Innenstadt. Es war keine Touristengegend wie heute - eher eine Rumpelkammer mit Möbelstücken der Weltstadt Berlin. Ein ganzes großes Wohnzimmer verwitterte da und verstaubte. Für uns war es der Alltag. Wir liebten die Gegend. Wir wussten, dass es ein sehr altes Stück von Berlin war und dass hier immer die arme Seite der Stadt gewesen war. Über die Häuser selber, ihre Erbauer, ihre Bewohner, wussten wir kaum etwas. Einige allerdings waren mit Gedenktafeln versehen oder sprachen für sich selber: das katholische Krankenhaus, die protestantische Sophienkirche und der älteste jüdische Friedhof Berlins. Zu dem Friedhof hatte ein Altersheim gehört, ein Denkmal erinnerte daran, dass sich hier eine Sammelstelle zum Transport jüdischer Berliner in die Vernichtungslager befunden hatte. Alles stand so da, wie es stehen geblieben war, 1945, 1950. Aber überall ragten Reste von etwas aus den Wänden - jedes Teil wie das Ende einer Wurzel, deren Pflanze man nicht kennen konnte." Irina Liebmann
Autorenportrait
Irina Liebmann, geboren 1943 in Moskau, studierte Sinologie in Leipzig. Seit 1975 lebt sie als freie Schriftstellerin in Ost-, später in Westberlin. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise, u. a. den Aspekte-Literaturpreis und den Berliner Literaturpreis.
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