Beschreibung
Jüdische Museen sind nicht nur Vermittler jüdischer Kultur und Geschichte, sondern üben auch Definitionsmacht darüber aus, was 'jüdisch' ist oder sein soll. Als der damalige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, Paul Grosz, vor vielen Jahren gefragt wurde, was er von der Gründung eines Jüdischen Museum halte, stellte er eine bittere Gegenfrage. Ob Jüdinnen und Juden dort 'wie ausgestopfte Indianer' bestaunt werden sollten? Weltweit gibt es heute über 120 Jüdische Museen. Allerdings ist bereits die Definition des Adjektivs in ihren Namen keinesfalls einheitlich: Den einen gilt die Institution selbst als eine jüdische, für die anderen ist ihr Gegenstand das Judentum aus höchst diversen Blickwinkeln. Die Frage nach Definitionen und Perspektiven entscheidet maßgeblich über museale Inhalte und Praktiken - und damit auch über die Deutungshoheit des 'Jüdischen' in der Öffentlichkeit. Die Beiträge des Bandes, verfasst von international bedeutenden Wissenschaftler:innen und Kurator:innen, nähern sich solchen Fragen nach (Re-)Präsentation von Jüdinnen und Juden im Museum von unterschiedlichen Standpunkten aus: Sie beleuchten Geschichte und Gegenwart der Institution 'Jüdisches Museum', ihre Sammlungen und ihren Kanon - und reflektieren damit die drängende Frage nach ihrer gesellschaftlichen Rolle in der Zukunft. Der Band erscheint anlässlich einer Ausstellung des Jüdischen Museums Hohenems in Kooperation mit dem Museum für Völkerkunde zu Leipzig, Dresden und Herrnhut.