Beschreibung
Die Studie beginnt nach der Entfaltung der Problemstellung mit einer Beschreibung der klassischen Auffassung von Projektmanagement. Ausgehend von einer kurzen Schilderung der Ursprünge werden die für die Untersuchung maßgeblichen Charakteristika des als klassisch bezeichneten Projektmanagements dargestellt. Dabei werden Parallelen zur tayloristischen Arbeitsorganisation und Arbeitssteuerung sowie das Leitbild der Planung bzw. Methoden der Planung (Phasenmodell, Projektstrukturplan, Balkendiagramm und Netzplanverfahren) näher erläutert. In diesem Zusammenhang wird auf Schwierigkeiten der klassischen Planungsmethoden bzw. des planungsgeleiteten Handelns hingewiesen. Unter anderem werden ex ante bestehende Informationsdefizite, lediglich monokausal erfasste Zusammenhänge sowie die personelle Aufteilung von Managementtätigkeiten (Planung) und ausführenden Tätigkeiten in Projekten benannt. In der weiteren Untersuchung wird anhand aktueller Entwicklungen im Projektmanagement die Angemessenheit bzw. Praktikabilität klassischer Projektmanagement-Methoden in Frage gestellt. Hierzu werden in der Arbeit vier Entwicklungstrends aufgezeigt, die symptomatisch für die Zunahme der Komplexität im Projektmanagement sind: Die gleichzeitige Planung, übergreifende Steuerung und Überwachung mehrerer Projekte (Multiprojektmanagement), die zunehmende Internationalisierung und Vernetztheit von Projektarbeit, Unwägbarkeiten bei Planungen sowie die stärkere Bedeutung von "soft skills". Daraus resultiert die Feststellung, dass die klassischen Methoden und Instrumente angesichts zunehmender Komplexität und Dynamik nicht vom Leitbild der Planung und der Herstellung von Planbarkeit abweichen. Im Zusammenhang mit den angeführten Entwicklungen wird aufgezeigt, dass die erforderliche Qualität und Menge von Informationen als Voraussetzung für klassische Projektmanagement-Methoden zunehmend stark schwinden und bei wachsender Komplexität, prinzipiell unvollständigen Informationen sowie schrumpfender Planungshorizonte grundlegende Grenzen der Planung immer deutlicher werden. Vor diesem Hintergrund werden im Hauptteil der Arbeit vier alternative Projektmanagement-Ansätze vorgestellt, die hinsichtlich der Grenzen der Planung neue Lösungswege aufzeigen.
Autorenportrait
Dirk Koch, geb. 1978, Studium der Betriebswirtschaftslehre, Universität Augsburg, Abschluss 2007.
Leseprobe
Kapitel 4.2, Evolutionäre Planung und Zielsetzung:Die bisherigen Ausführungen zum klassischen Projektmanagement vermittelten den Eindruck und die Überzeugung, dass eine klare Definition und Quantifizierbarkeit von Projektzielen zu Projektbeginn generell möglich und für die Bestimmung und Kontrolle der danach auszurichtenden Handlungsabläufe unabdingbar sei. Letztendlich sollte auf diese Art und Weise sichergestellt werden, dass zu einem determinierten Zeitpunkt und zu einem festgelegten Kostenrahmen ein vorbestimmtes und überprüfbares Ergebnis vorliegt. Ein solches Vorgehen, das die Projektziele anfangs einmalig festlegt und alle Änderungen daran in einem späteren Abschnitt generell ablehnt, kann aufgrund der Zunahme an Komplexität und Unsicherheiten im Projektmanagement jedoch in verstärktem Maße als realitätsfremd bezeichnet werden.Der systemisch-evolutionäre Ansatz greift diesen Kritikpunkt auf, indem hier nun davon ausgegangen wird, dass Ziele nicht unbedingt als etwas Gegebenes betrachtet werden können. Im Gegenteil, sie können sich während des Projektverlaufs kontinuierlich verändern als auch entwickeln und bedürfen daher einer flexiblen Gestaltung. Insbesondere auf innovative Projekte lassen sich diese Aussagen leicht übertragen. Aufgrund der Neuartigkeit solcher Vorhaben herrscht hier zu Beginn meist ein großer Mangel an Wissen und Informationen, der die Möglichkeit einer vorzeitigen und detaillierten Zielbestimmung gar nicht erst möglich macht. Trotz dieser Restriktion gilt es, eingangs einen Zielhorizont abzustecken, welcher die Funktion eines orientierenden Leitziels übernimmt. Dies lässt sich mit einer Vision vergleichen, die dem Projektteam zur Motivations-, Orientierungs- und Koordinationsstütze dient. Unter dem Aspekt der anfänglichen Unbestimmtheit in der exakten Zieldefinition erscheint es als logische Konsequenz unumgänglich, dass der Projektmanager mit dem Auftraggeber auf eine verbindliche Formulierung der Ziele verzichtet und sich nur auf eine Eingrenzung der Zielrichtung beschränkt. Diese Zielflexibilität ist notwendig, um die sich erst im Handlungsverlauf eröffnenden Möglichkeiten und Problemstellungen bzw. die Erkenntnisse daraus optimal integrieren und gegebenenfalls Anpassungen in den Zielsetzungen vornehmen zu können. Somit kann das Bestimmen von Intentionen selbst einem evolutionären Prozess entsprechen.Zur Annäherung an einen Zielhorizont ist außerdem eine Lösungsneutralität zu gewährleisten. In anderen Worten ausgedrückt bedeutet dies: Der Zielkurs ist zwar abzustecken, der genaue Weg dorthin sollte aber nicht prädeterminiert sein. Die Prozesse sind demnach kontingent zu gestalten, nach dem Motto: Es geht so, aber auch anders, allerdings keineswegs beliebig. Sich zusätzlich ergebende Handlungsoptionen werden somit nicht mit einem entweder-oder abgetan, sondern vielmehr mit einem sowohl-als-auch akzeptiert. Hierdurch eröffnet sich ein breites Handlungsfeld, das im Projektverlauf durch die Gewinnung von Wissen und Erfahrungen, unter anderem etwa mittels Ausprobieren von Möglichkeiten, schrittweise erweitert als auch konkretisiert und differenziert werden kann. Letzteres hilft schlussendlich dabei, aus der Vielfalt der Handlungsmöglichkeiten eine Selektion der erfolgversprechendsten Varianten zur Zielerreichung zu treffen.Die bisherigen Schilderungen machen bereits deutlich, dass dem systemisch-evolutionären Projektmanagement auch ein Paradigmenwechsel im Planungsverständnis zugrunde liegt. Eine einmalige, starre und mit hohem Änderungsaufwand verbundene Planung wird hier durch eine offene, flexible und evolutionäre Planung ersetzt. Darauf fußende Pläne weisen vor allem in Bezug auf die eingangs herrschende Unsicherheit einen eher hypothetischen Charakter auf. Im Projektverlauf werden die getroffenen Annahmen und Prämissen kontinuierlich zu Entscheidungszeitpunkten mit dem tatsächlichen Projektfortschritt abgeglichen. Bei Abweichungen des erreichten Ergebnisses zum vorher aufgestellten Plan muss nun überprüft werden, inwieweit dieser und die darin festgelegten Ziele zu überarbeiten sind.Dieser Umstand wird im systemisch-evolutionären Sinne jedoch nicht als negativ empfunden, sondern wird vielmehr als Chance für weitere Entwicklungs- und Veränderungsmöglichkeiten in Form der bereits erwähnten Handlungsoptionen verstanden. Zudem ist der Planungsprozess von Projektbeginn an auf möglichst viele derartige Rückkopplungen auszurichten, damit das neu hinzugewonnene Wissen immer wieder unmittelbar in die Planung zurückfließen kann. Geplant wird vorrangig nach dem Motto: Lieber grob und schnell als detailliert und langsam. Wer zu detailliert plant, verschenkt Zeit und Chancen. Folglich sind Planung und Umsetzung nicht mehr als getrennte Funktionen zu betrachten, sondern bilden zunehmend eine sich wechselseitig beeinflussende Handlungseinheit. Die hier dargestellte Planung bildet des Weiteren die Grundlage für Lernprozesse im Projekt. In verstärktem Maße gilt dies für ihre experimentelle Ausprägung, da hier mehrere Möglichkeiten getestet werden können.Die zuvor erläuterte Vorgehensweise soll jedoch nicht den Eindruck erwecken, dass es sich dabei um eine Plattform für willkürliches Agieren handelt. Natürlich spielen auch hier Kostenaspekte und Termintreue eine wichtige Rolle und es bedarf der Fixierung verschiedener Eckpunkte zu Projektbeginn. Obwohl innovative Projekte vor allem Zielflexibilität und Ergebnisoffenheit für sich beanspruchen, müssen sie nicht zwangsläufig im Chaos enden. So können zum Beispiel eine klare Abgrenzung des Projektgegenstandes, eine kontinuierliche Zielüberprüfung, ein bewusstes Optionenmanagement und die intensive Einbindung des Auftraggebers dabei helfen, erfolgreich durch solche mit Unsicherheit behafteten Projekte zu führen.
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