Beschreibung
Der gegenwärtige Diskurs in der Kunst ist vorwiegend ein moralischer. Allerorten identifiziert eine ins Extrem verfeinerte Moral Missstände, deren Abschaffung man sich mit Eifer widmet. Diesem Eifer entspricht eine ausgeprägte Erlösungsrhetorik, als böte gerade die Kunst den Menschen Auswege aus ihrer selbstverschuldeten Schuldhaftigkeit. Was aber ist das Verhältnis von Kunst und Moral? Wann wird es moralisch problematisch, Kunstwerke unter dem Aspekt der Moral zu beurteilen? Bedarf es, statt einer Moral der Kunst, einer Ethik der Ästhetik? Und könnte es sein, dass eine polykontexturelle Gesellschaft nicht mehr, sondern weniger Moral braucht, nicht mehr Leitwerte und normative Anker, nicht mehr Erlösungsrhetorik, sondern eine Bereitschaft zu sich selbst kritisch bemessender Reflexion, um gesellschaftliche Komplexität erfolgreich zu bewältigen?
Autorenportrait
Leonhard Emmerling studierte Germanistik, Kunstgeschichte, Christliche Archäologie und Musikwissenschaft in Heidelberg. Seine Dissertation widmete sich der Kunsttheorie Jean Dubuffets. Er arbeitete in verschiedenen Funktionen als Lehrer und Ausstellungsmacher in Deutschland und im Ausland. Zurzeit ist er Leiter der kulturellen Programmarbeit Südasien des Goethe-Instituts in New Delhi.