Beschreibung
"Hülf und Gnad hat kein Warum" - was der Sprachgelehrte Justus Georg Schottel im 17. Jahrhundert in seiner Ausführlichen Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache unter die Sprichwörter reiht, prägt bis heute unser ethisches Verständnis von Hilfe. Wer jemandem beisteht, fordert idealerweise weder Begründung noch Gegenleistung. Doch wie lässt sich - etwa aus christlicher Perspektive - mit der Tatsache umgehen, dass die reine Mildtätigkeit angesichts der Not der Menschen in Zeiten struktureller Krisen unzulänglich bleibt? Politisch gefasst versteht sich Hilfe keinesfalls als selbstlos: Sie soll vielmehr - je nach Standpunkt - Solidarität mit anderen und gegen andere sein, emanzipatorische Prozesse von unten unterstützen, einer Beistandspflicht nachkommen, sich rechnen und präzise berechnen lassen. In Form von Zinsleistungen aus "Rettungsschirmen" zum Beispiel oder durch Optimierung von Hilfe: Aus Sicht der "effektiven Altruisten" meint das, der "bessere" Einsatz von Spendengeldern müsse mehr Bedürftige bei geringeren Kosten pro Kopf erreichen. Das solcherart ökonomisierte Leben bleibt auch im Sterben nicht davon frei. Können wir in der Selbsttötung dennoch einen Akt der Selbsthilfe sehen? Diesen Fragen geht der Herbstschwerpunkt des wespennest nach, ohne ein Pflaster auf die schiefen Verhältnisse kleben zu wollen.