Beschreibung
Als Schauspieler war er ein Mann der vielen Charaktere, privat galt er als bewusst bodenständig und offenherzig. Der Rückblick eines Künstlers auf sein eigenes Leben. Eine sehr persönliche Autobiografie aus dem Nachlass des Schauspielers. Ulrich Pleitgen war einer der vielseitigsten Darsteller der deutschen Film- und Fernsehlandschaft. Mit der Serie »Nicht von schlechten Eltern« spielte sich der gelernte Theaterschauspieler in die Herzen eines Millionenpublikums. Auf der Leinwand war er u.a. in dem Film »Stammheim« zu sehen, der 1986 bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin den Goldenen Bären erhielt. Als hartgesottener Chefkommissar Sander löste er in »K3 - Kripo Hamburg« schwierige Fälle, und auch als Hörbuchsprecher war Ulrich Pleitgen ausgesprochen erfolgreich. Der redegewandte Künstler, der seine Rollen am liebsten unter freiem Himmel an der Alster lernte, wurde mehrfach zum Schauspieler des Jahres gekürt und mit dem Bambi ausgezeichnet. Im Februar 2018 verstarb Ulrich Pleitgen im Alter von 75 Jahren. Nun liegt die Autobiografie des einnehmenden Mimen vor, die dieser zusammen mit seinem Stiefsohn, dem Physiker und Schriftsteller Ilja Bohnet, verfasst hat.
Autorenportrait
Ulrich Pleitgen gehört zu den bekanntesten deutschen Schauspielern, berühmt geworden vor allem durch seine zahlreichen Auftritte in Fernsehfilmen wie 'Stammheim' oder beliebten Serien wie 'Traumschiff', 'Tatort' und 'K3 - Kripo Hamburg'. Geboren 1942 in Hannover, sammelte Pleitgen bereits als 14-Jähriger erste Schauspielerfahrungen im Internat. Nach seiner Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in Hannover folgten Engagements an renommierten Schauspielhäusern, darunter das Berliner Schillertheater, das Schauspielhaus in Basel und von 1985 bis 1989 das Thalia Theater in Hamburg. Danach widmete sich Pleitgen vor allem seinen Rollen in Kino- und Fernsehfilmen und arbeitete als Sprecher für verschiedene Hörbuchproduktionen. Einer, der Pleitgen am nächsten stand, auch wenn die Beziehung nicht immer ohne Spannungen verlief, war sein Stiefsohn, der promovierte Physiker und Schriftsteller Ilja Bohnet, dessen Mutter mit Pleitgen seit 1975 liiert war und ihn 1981 geheiratet hatte. Ulrich Pleitgen ahnte mittlerweile, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, und er begann zurückzuschauen: Er, den seine persönliche Vergangenheit nie besonders interessiert hatte, besann sich plötzlich auf kuriose Wendungen in seinem Leben, auf Unvorhergesehenes, auf Stolperer in seiner glanzvollen Karriere. Er sehnte sich nach seiner schauspielerischen Jugend zurück, wollte wieder die menschliche Seele ergründen, statt einfach nur kommerziell erfolgreich zu sein. 'Ganz oder gar nicht!' ist mehr als eine eindrucksvolle Autobiografie und das Resümee eines ereignisreichen Lebens; es ist auch ein inspirierendes Zwiegespräch zwischen Vater und Stiefsohn, zweier Künstler also auf Augenhöhe, sowie eine Rückbesinnung auf die Dinge im Leben, die wirklich zählen. 'Ich will mal vor deiner Mutter sterben', erzählte Pleitgen Bohnet in einem ihrer letzten Gespräche, 'denn ich könnte nicht einen Tag ohne sie leben.'
Leseprobe
Die Autobiografie basiert auf persönlichen Gesprächen, die ich in dichter Folge in der Zeit von Sommer 2016 bis Mitte 2017 mit meinem Stiefvater geführt habe. Ulrich Pleitgen hatte inzwischen gelernt zu akzeptieren, dass er die letzte seiner drei Lebensphasen durchlief. »Ich bin ein alter Kerl«, hatte er mir gleich zu Beginn der Gespräche gesagt, »ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt.« Die Arbeit an seiner Biografie war für ihn ein Vehikel, zu den Anfängen seines Schauspielerlebens zurückzukehren. Bis dahin hatte ihm seine persönliche Vergangenheit nicht viel bedeutet. »An der Vergangenheit zu hängen, birgt die Gefahr, das Heute nicht mehr wahrzunehmen, vor dem Heute Angst zu bekommen und sich in der Sicherheit des Gestrigen zu wiegen, in einer Art seelischem Biedermeier.« Er sehnte sich nach der Zeit seiner schauspielerischen Jugend und der experimentellen Kunstversuche im Theater zu Beginn seiner Karriere zurück. »Ich möchte wieder zu dieser Reinheit und Wahrhaftigkeit zurück, zum Ursprung. Ich fände es schön, wenn wir auf eine komische Weise in dem Buch zeigen könnten, dass ich plötzlich im Alter diese Rückkehr zu meinem künstlerischen Anfang will.« Mein Stiefvater interessierte sich für die kuriosen Geschichten in seinem Leben, für die Dinge, die auf komische Weise schiefgelaufen sind, für das Unvorhersehbare, das Stolpern durch den Lebensalltag - das Ur-Motiv des Komödianten, und ein solcher war zweifellos mein Stiefvater. Er liebte nichts mehr als die Tragikomödie. Für mich bedeutete unser gemeinsames Buchprojekt eine wunderbare Möglichkeit, meine Liebe für Textarbeit und Dramaturgie mit der Erzählkunst eines Mannes zu verbinden, dessen Geschichten und Anekdoten mich schon als Kind faszinierten. »Aber ich erwarte von dir, dass du mich inspirierst«, sagte er gleich bei einem der ersten Interviews. »Ich kann mich nicht selbst inspirieren. Da muss immer jemand sein, der den Queue in die Hand nimmt und die Kugel stößt. Dann macht die Kugel ihren Weg, und es klackt irgendwo. Ich muss angestoßen werden, verstehst du?« Unser gemeinsames Leben war bis dahin nicht spannungsfrei, und so blieb es bis zum Schluss. Aber durch die Interviews erfuhr ich vieles über ihn, was ich bisher nicht gewusst hatte, und ich begann besser zu verstehen, wer Ulrich Pleitgen wirklich war. Aus dem Vorwort von Ilja Bohnet