Beschreibung
Das Kriegsgeschehen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation reißt nicht ab. Als Unterstützer der Protestanten rückt der Schwedenkönig ins Land vor, während die katholischen Spanier weiterhin Braunfels besetzen. Magdeburg steht vor der Entscheidung, sich offen gegen den Kaiser zu stellen. Doch ob ihnen Schweden rechtzeitigen Schutz vor dem Heer Johann von Tillys bieten kann? Der kaiserliche Söldner Peter Hagendorf wohnt der Belagerung Magdeburgs bei und erlebt die schmerzlichen Folgen für Stadt und Soldaten am eigenen Leib.
Überall steht das einfache Volk unter dem Joch des nun schon zwölf Jahre andauernden Krieges. Die junge Magd Hanna überlebt die Zerstörung ihres Hofes nur knapp. Ihr bleibt nichts anderes, als sich als leichtes Mädchen durchzuschlagen.
Der Geistliche Friedrich Spee hat unterdessen einen persönlichen Kampf gegen seine Glaubensbrüder und die Unterstützer der Hexenverfolgung zu bestreiten. Mit der Cautio Criminalis will er die Mächtigen zum Umdenken bewegen und hunderte Unschuldige vor dem Tod auf dem Scheiterhaufen retten.
Verwüstung, Hungersnöte, Armut und Pest kosteten zwischen 1618 und 1648 rund sechs Millionen Menschen das Leben. Die Romanreihe "Geschichten des Dreißigjährigen Krieges" überzeugt mit historischen Fakten und einer spannungsgeladenen Entwicklung.
Autorenportrait
Jörg Olbrich, Jahrgang 1970, lebt in Mittelhessen.
Das Heimatdorf des Autors, das zwischen Wetzlar und Braunfels liegt, wurde während des Dreißigjährigen Krieges von spanischen Truppen verwüstet. Die Spanier wollten die Kirchenglocke einschmelzen, um Waffen herzustellen. Die Dorfbewohner versteckten die Glocke jedoch, woraufhin die feindlichen Truppen das Dorf niederbrannten.
Nach der Veröffentlichung seiner ersten Kurzgeschichte 2003 folgten Beiträge in Anthologien. Die Kurzgeschichte "Herz aus Stein" wurde 2008 in der Kategorie "Beste deutschsprachige Kurzgeschichte" mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. 2010 belegte sein Roman "Das Erbe des Antipatros" dort in der Kategorie "Bestes Romandebüt, national" den 3. Platz.
Leseprobe
Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, 06. August 1626Hanna ließ vor Schreck fast den Weidenkorb fallen, den sie gerade mit Kirschen gefüllt hatte, und drehte sich um. Noch nie in ihrem siebzehnjährigen Leben hatte sie so einen lauten Ton gehört. Drei weitere Donnerschläge erklangen und hallten in der Luft nach. Sie waren so dicht aufeinander gefolgt, dass sie sich in Hannas Ohren beinah wie ein einziger, schrecklicher Knall angehört hatten.Kurz darauf waren Schreie von dem etwa fünfhundert Meter entfernten Hof zu vernehmen. Sie klangen, als würden sie in allergrößter Not ausgestoßen. Jetzt ließ Hanna den Weidenkorb doch fallen und rannte los.Auf die kurzen Strohhalme, die ihr in die nackten Füße stachen, als sie über das frisch abgemähte Feld rannte, achtete Hanna nicht. Sie wollte so schnell wie möglich zurück zum Hof ihres Herren. Dort musste etwas Furchtbares geschehen sein.Bei jedem weiteren Donnerschlag zuckte sie zusammen. Dann sah sie eine Gruppe von Männern auf Pferden, die zwischen dem Wohnhaus, dem Stall und der Scheune standen. Es waren mehr als fünf. Weiter konnte die Magd nicht zählen und das war in ihrem bisherigen Leben auch nie notwendig gewesen. Tief in ihrem Innern spürte sie, dass sich heute für sie alles ändern würde.Die Magd hörte einen erneuten Schrei von der Rückseite des Wohnhauses und änderte abrupt ihre Richtung, um zu sehen, was dort passierte. Außerdem wollte sie den Männern nicht unbedingt in die Arme laufen, deren Rufe sie neben der Scheune hörte. Sie machten auf Hanna nicht den Eindruck, als wären sie als Freunde gekommen. Sie bog um die Ecke und erstarrte.Direkt vor Hanna lag die Bäuerin bäuchlings im Dreck und wimmerte vor Schmerzen. In diesem Augenblick wusste die Magd nicht, was sie mehr schockierte: Die Tatsache, dass ihre Herrin völlig unbekleidet war, oder die klaffende Wunde am Rücken, aus der unaufhörlich Blut floss und langsam im Boden versickerte.Hanna wollte schreien, brachte aber nicht einen Ton über ihre Lippen. Plötzlich spürte sie, wie sie von hinten am Arm gepackt und herumgerissen wurde. Sie blickte in das bärtige Gesicht eines ihr unbekannten Mannes. Sein Atem schlug ihr entgegen. Noch nie hatte sie etwas derart Widerliches gerochen.Sie wehrte sich gegen den Griff, wurde aber von dem Kerl mit dem Rücken gegen die Wand gestoßen. Zum ersten Mal in ihrem Leben verspürte sie Angst.»Wo willst du denn so eilig hin?«, fragte der Fremde und hieb Hanna den Handballen so fest gegen den Brustkorb, dass sie kaum Luft bekam. »Du wirst schön hierbleiben und genau das tun, was ich dir sage. Sonst werde ich dich töten.«Hanna erstarrte und brachte keinen Ton heraus. Sie spürte, wie ihre Verzweiflung sich in nackte Todesangst wandelte. Was wollte der Mann von ihr? Sie schaute zur Bäuerin, die noch immer auf dem Boden lag und sich nun nicht mehr rührte. Wo waren der Bauer und die Knechte? Warum unternahmen sie nichts?Der Fremde griff nach Hannas Hemd und riss es mit einem kräftigen Ruck auseinander. Trotz der Hitze des Tages begann die Magd zu frösteln.»Du bist von Gott reich beschenkt worden«, sagte der Mann und starrte auf Hannas Brust.Die Magd verstand nicht, was der Fremde meinte und sah ihn hilflos an. Der Mann griff mit beiden Händen nach ihren Brüsten und drückte sie so fest zusammen, dass sie vor Schmerz aufschrie. Der Fremde zerriss nun auch ihren Rock. Als sie sich abermals gegen ihn zu wehren versuchte, schlug er ihr mit der Faust in den Magen.Der Schmerz durchfuhr ihren Körper und sie nahm ihre Umgebung nur noch verschwommen wahr. Plötzlich zuckte der Fremde zusammen und stieß einen röchelnden Laut aus. Dann strömte Blut aus seinem Mund und verteilte sich auf Hannas unbekleidetem Körper.
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