Beschreibung
Das HGB hat sich durch das BilMoG spürbar an die internationalen Rechnungslegungsstandards angenähert. Die mittelständischen Unternehmen wurden generell von dem Ansatz latenter Steuern befreit, können diese aber freiwillig ohne größeren Aufwand bilanzieren. Große Unternehmen haben durch die neuen Anhangsangabepflichten hingegen einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Hier hat somit eine Deregulierung kleiner Unternehmen stattgefunden. Die Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit trug einen erheblichen Teil dazu bei, die Bedeutung latenter Steuern zu erhöhen. Die Einheitsbilanz ist ein rein theoretisches Konstrukt geworden. Das neu angewandte Temporary-Konzept schafft eine sehr viel umfangreichere Steuerabgrenzung im Vergleich zu den Zeiten, in denen das Timing-Konzept galt, da nun auch quasi-permanente und erfolgsneutrale Sachverhalte bei der Ermittlung latenter Steuern eine Rolle spielen. Die Vorgehensweise der Ermittlung hat sich ebenfalls geändert, da nicht mehr nur ein Vergleich der Wertansätze aus Handels- und Steuerbilanz vorgenommen wird. Die Anpassung an die internationale Rechnungslegung, das Hauptziel des BilMoG, ist durch die Umstellung von der Abgrenzungsmethode ("deferred method") hin zur Verbindlichkeitsmethode ("liability method") gelungen.Problematisch zu betrachten sind die unterschiedlichen Herangehensweisen an Einzel- und Konzernabschluss. Ein Grund für die Ansatzpflicht aktiver latenter Steuern im Konzernabschluss oder die unterschiedliche Behandlung von einem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts ist nicht erkennbar. Hier ist als Gegenbeispiel der IAS 12 zu nennen, der nicht zwischen der Steuerabgrenzung im Einzel- und Konzernabschluss unterscheidet. Insgesamt gewinnen die latenten Steuern in praktischer Hinsicht erheblich an Bedeutung.
Autorenportrait
Jens Michael Neumann, geboren am 08.12.1983 in Dortmund, NRW, absolvierte nach seinem Abitur eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten. Im Anschluss an seine Ausbildung absolvierte der Autor ein 3-monatigen Praktikum bei einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Bloemfontein, Südafrika. Im September 2007 begann sein Studium des Wirtschaftsrechts, in welchem er sich auf die Bereiche Finanzen und Steuern spezialisierte. Während seines Studiums arbeitete er als Werkstudent bei einem Fachverlag für Wirtschafts- und Steuerrecht in Herne, NRW. Er beendete sein Studium 2 Monate vor Regelstudienzeit und setzt sein Studium derzeit in den USA fort.
Leseprobe
Textprobe:Kapitel 4, Latente Steuern nach dem HGB n.F.:Grundlegende Änderungen durch das BilMoG:Die Bilanzierung latenter Steuern ist durch das BilMoG grundlegend geändert worden. Bisher war die Bedeutung latenter Steuern in Deutschland aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips gering, doch mit dem BilMoG ist die Bilanzierung latenter Steuern durch handelsrechtliche Vorschriften im Einzel- und Konzernabschluss wesentlich erneuert worden.Aufgrund der Erhöhung des Informationsgehaltes und der damit erhöhten Bedeutung für die Darstellung von Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage sowie von der Abschätzung zukünftiger Cash Flows eines Unternehmens, haben die latenten Steuern stark an Bedeutung gewonnen.Als eine wichtige Ursache dieser erhöhten Bedeutung ist die Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG zu nennen. Hierdurch wird es viel häufiger zu Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz kommen.Zusätzlich erneuert das BilMoG mit einer neuen Konzeption die Ermittlung latenter Steuern. Das bisherige Timing-Konzept wird von dem in den IFRS üblichen Temporary-Konzept abgelöst.Im Rahmen der Deregulierung wird ein Aktivierungs- und Saldierungswahlrecht für die latenten Steuern eingeführt, welches Aktivierung und Passivierung aneinander koppelt. Es ist also nicht möglich, nur passive latente Steuern auszuweisen und das Wahlrecht für die aktiven latenten Steuern nicht auszuüben.Hinzu kommen einerseits Änderungen für die Ausschüttungssperre und andererseits zusätzliche Anhangangaben. Zudem werden Verlustvorträge neuerdings in die latenten Steuern mit einberechnet.Schließlich wurde die Bildung von Sonderposten mit Rücklageanteil zur Vereinfachung und Anhebung der Informationsfunktion aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss durch das BilMoG aufgehoben.Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit:Die Umkehrung der Maßgeblichkeit besagte, dass bestimmte Zielsetzungen für die Steuerbilanz nur erreichbar waren, wenn diese in der gleichen Weise auch in der Handelsbilanz zu finden waren. Steuerliche Wahlrechte mussten somit übereinstimmend in die Handelsbilanz übernommen werden, was die ursprüngliche Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz umkehrte.Die Anwendung steuerlicher Wahlrechte erfolgt jetzt unabhängig von der Bilanzierung in der Handelsbilanz, denn durch die Streichung von § 5 Abs. 1 S. 2 EStG a.F. (umgekehrte Maßgeblichkeit) und der §§ 247 Abs. 3, 254, 273, 279 Abs. 2 und 281 HGB a.F. (Öffnungsklauseln) kann die Handelsbilanz nun frei von steuerlichen Zielsetzungen erstellt werden.Die ursprüngliche materielle Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz bleibt bestehen, wodurch die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) für das Steuerrecht analog anzuwenden sind. Geregelt wird dieses Prinzip durch § 5 Abs. 1 S. 1 HS 1 EStG, der Gewerbetreibenden vorschreibt, ihren Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln und für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, welches nach den GoB auszuweisen ist.Für Gewerbetreibende, die aufgrund handels- und steuerrechtlicher Vorschriften buchführungspflichtig sind bzw. sich freiwillig zur Buchführung verpflichtet haben, stellt die Handelsbilanz somit die Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung dar. Die Eigenschaft als Grundlage bezieht sich nicht mehr auf den konkreten Wertansatz, sondern auf die GoB, wodurch Handels- und Steuerbilanz nunmehr übereinstimmen können, es aber nicht mehr müssen.Die Einheitsbilanz, in der Handels- und Steuerbilanz vollständig übereinstimmen, bleibt im Prinzip also erhalten, wird in Zukunft aber sehr viel seltener zu finden sein. Die Bedeutung passiver latenter Steuern wird deutlich zunehmen.Temporary-Konzept löst Timing-Konzept ab:Bei der Abgrenzung latenter Steuern erfolgt durch das BilMoG eine Umstellung vom bisher in Deutschland anzuwendenden und GuV-orientierten Timing-Konzept hin zum nach den IAS üblichen und bilanzorientierten Temporary-Konzept.Nach Ansicht des IDW, dem Institut der Wirtschaftsprüfer, sollten von der Anwendung latenter Steuern laut § 274 HGB befreite Unternehmen gegebenenfalls Rückstellungen nach dem bisher gültigen Timing-Konzept bilden, da § 274 HGB lediglich für Kapitalgesellschaften verpflichtend anzuwenden ist. Unternehmen, die keine Kapitalgesellschaften sind, stehen daher vor einer Rechtsunsicherheit bezüglich der Anwendbarkeit des § 274 HGB. Nach § 274a Nr. 5 HGB sind auch kleine Kapitalgesellschaften durch die Abgrenzung des Anwendungsbereichs von der Anwendung des § 274 HGB befreit.Der große Unterschied des Timing-Konzepts gegenüber dem Temporary-Konzept liegt in der Berücksichtigung quasi-permanenter und erfolgsneutral entstandener Differenzen im Temporary-Konzept. Quasi-permanente Differenzen sind zeitlich begrenzt, doch ist diese Begrenzung so weit gefasst, dass ein Abbau latenter Steuern bei Liquidation des Unternehmens, wie beispielsweise bei Grund und Boden, für die Ansetzbarkeit reicht.Beim international üblichen Temporary-Konzept werden latente Steuern für die Wertunterschiede von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten gebildet, sobald daraus zukünftige Steuerbelastungen oder -entlastungen entstehen.Latente Steuern können nach diesem Konzept also schon gebildet werden, falls sich die Bilanzpostenunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz irgendwann in der Zukunft ausgleichen können. Permanente Differenzen entstehen durch steuerfreie Gewinne oder nicht abzugsfähige Betriebsausgaben und werden, wie auch im Timing-Konzept, nicht berücksichtigt.Das Ziel des Temporary-Konzeptes liegt in der realitätsnahen Darstellung der Vermögenslage des Unternehmens, weswegen eben auch erfolgsneutrale Vorgänge berücksichtigt werden. Die Darstellung im Temporary-Konzept ist also umfassender, zugunsten einer besseren Information der Abschlussadressaten. Die Steuerabgrenzung orientiert sich umfangreicher an Differenzen, die sich aus unterschiedlichen bilanziellen Wertansätzen in der Handels- und Steuerbilanz ergeben, und nicht mehr rein aus einer unterschiedlichen Periodisierung von Aufwendungen und Erträgen aus der Gewinn- und Verlustrechnung.
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