RISS - Zeitschrift für Psychoanalyse - Cover

RISS - Zeitschrift für Psychoanalyse

Nr. 93 - Psychoanalyse des Islam?, RISS 93, Zeitschrift für Psychoanalyse

Aumercier, Sandrine/Chitu, Andrei/Coelen, Marcus u a
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783864852046
Sprache: Deutsch
Umfang: 216 S.
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Ausgangspunkt für die Entstehung dieses Hefts war ein Workshop mit dem Titel 'Islam - Psychoanalyse - Fethi Benslama und andere Versuche' an der Psychoanalytischen Bibliothek Berlin im März 2019, bei dem einige der hier publizierten Texte in einer ersten Version vorgetragen wurden. Dem Workshop voraus ging die gemeinsame Lektüre von Benslamas Buch, das im Deutschen den Titel 'Psychoanalyse des Islam' trägt. Der französische Originaltitel dagegen lautet 'La psychanalyse à lépreuve de lIslam - Wie der Islam die Psychoanalyse auf die Probe stellt', wobei der Autor nicht versäumt, darauf hinzuweisen, dass der umgekehrte Titel - 'Wie die Psychoanalyse den Islam auf die Probe stellt' - ebenso zutreffend gewesen wäre. Wir nehmen diese gegenstrebige Fügung auf und formulieren als Frage: Psychoanalyse des Islam? Darin lässt sich das Anliegen hören, sich von psychoanalytischer Seite mit dem Islam zu befassen, wie auch (genitivus subjectivus) die Psychoanalyse durch ihn verändert zu sehen. Es lässt sich darin aber auch Erstaunen hören: Suggeriert die Formulierung nicht auf heikle Weise, dass es wünschenswert sei, 'den Islam' auf die Couch zu legen? Für die analytische Praxis immerhin gilt, dass einem Psychoanalytiker oder einer Psychoanalytikerin immer Einzelne begegnen, die ja nicht als Muslime in die Psychoanalyse kommen, oder gar als Islamisten, ebenso wenig wie als Christen, als Linke oder als Bauarbeiter, sondern aus einer je konkreten Geschichte heraus. Sie kommen als von Geschichte(n) durchquerte Subjekte und können darin von einer religiösen Tradierung berührt oder geprägt sein - was im Übrigen nicht allein für Muslime gilt. Die analytische Theorie hingegen befasst sich durchaus nicht allein mit den Subjekten, sondern hat es von Anfang an sehr fruchtbar mit Fragen der Kultur und mit religiösen Tradierungen aufgenommen. Freud hat seine Schrift' Der Mann Moses und die monotheistische Religion' aber doch nicht 'Psychoanalyse des Judentums' genannt, sondern statt der Psychoanalyse sein spezifisches Interesse an Moses in den Titel gehoben. Über die von ihm ersonnene 'psychoanalytische Hochschule', deren 'Unterricht auch Fächer [] [wie] Kulturgeschichte, Mythologie, Religionspsychologie und Literaturwissenschaft' umfassen sollte, gibt es dann auch wieder einen Rückbezug zur Praxis, denn, wie Freud festhielt, '[o]hne eine gute Orientierung auf diesen Gebieten steht der Analytiker einem großen Teil seines Materials verständnislos gegenüber'.4 Immer wieder aufs Neue hat die psychoanalytische Arbeit so - in der Praxis wie in der Theorie - das Verhältnis zwischen Singulärem und Struktur oder einfach zwischen Subjekt und Kultur zu artikulieren.