Zu blau der Himmel im Februar

Roman

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783866382268
Sprache: Deutsch
Umfang: 168 S., 1 Illustr., Alexander Schmorell in einer Z
Format (T/L/B): 1.3 x 20.6 x 12.5 cm
Einband: Englische Broschur

Autorenportrait

Ihre literarische Arbeit ist vielfach ausgezeichnet worden, so vom Hessischen Kultusministerium, dem Künstlerdorf Schöppingen, dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg und der Dramatiker-Werkstatt der Bundesakademie Wolfenbüttel. »Die Nacht mit Marilyn« ist Jutta Schuberts erste Erzählungssammlung. Die Frankfurter Neue Presse hat zur Buchpremiere in den Opelvillen Rüsselsheim am 28.01.2016 klug geschrieben, welche Veranstaltung für mich Maßstäbe setzte in puncto volles Haus, liebevolle Begleitung durch die Veranstalter, Spannung während der Lesung im Saal, Kanon des Gelesenen ... Jutta Schubert ist 1959 in Wiesbaden geboren, wo Sie heute auch lebt. Sie studierte Literaturgeschichte und Theaterwissenschaften in Erlangen und Frankfurt am Main, war Regieassistentin am Schauspielhaus Bochum, bei den Salzburger Festspielen sowie am Burgtheater Wien, arbeitete dabei zusammen mit Claus Peymann, George Tabori, über den Sie jüngst eine lesenswerte Biographie geschrieben hat, Manfred Karge, Axel Manthey und anderen. Seit 1987 hat sie zahlreiche Theaterstücke geschrieben, teils selbst inszeniert. Ursprünglich besonders als Lyrikerin hervorgetreten, hat Sie zunehmend Prosa veröffentlicht.

Leseprobe

Anfang Im Zug von München nach Klais beginne ich mit den Aufzeichnungen. Es ist Februar. Föhnwetter, blauer Himmel, fünfzehn Grad, eine milde Sonne. Hier fuhr er entlang. An der Bahnstrecke sitzen die Leute in ihren Gärten in Liegestühlen, als sei schon Mai. Was hat er vom Zugfenster aus gesehen? Falls er überhaupt etwas sah, und nicht die Todesangst seine Wahrnehmung trübte. Die Bäume viele sind älter als siebzig Jahre also muss er sie gesehen haben. Zu welcher Tageszeit sah er sie? Wie lange brauchte der Zug damals? Nichts ist sicher. Nichts wird man mehr genau wissen können, niemals mehr. Bei geschlossenen Augen zeichnet die Sonne groteske Reflexe aus Licht und Schatten auf die Lider. Ein Flirren. Er hatte sicherlich die Augen offen. Er wird nicht gewagt haben, sie auch nur für einen Moment zu schließen. Die wenigen, die ich noch fragen konnte, bestätigten, dass das Wetter genauso war. Ein strahlender Vorfrühling, der den Beteiligten grotesk und grausam erschien, eine Vorankündigung nahen Lebens, des Wiedererwachens der Natur und mitten darin ein sinnloses Sterben, wie zufälliger Tod. Der Zug passiert Starnberg. Links liegt der See. Das Strandcafé ist um diese Jahreszeit noch geschlossen, eine auf spätere Tagestouristen und sonnenhungrige Urlauber wartende Idylle. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt erreicht der Zug Tutzing. Bestimmt hatte er Angst vor Kontrollen, war er nervös, konnte kaum erwarten, dass der Zug endlich weiter fuhr. Vielleicht bereute er flüchtig, seine Uniform verbrannt zu haben. Sah den Moment wieder vor sich und Lilos schreckgeweitete Augen, als sie sagte: "Damit schneidest du dir jeden Rückweg ab." "Es gibt keinen Rückweg", hatte er ihr geantwortet, aber in dem Augenblick, als er das sagte, glaubte er wahrscheinlich selbst noch nicht so bedingungslos daran. Erst später, jetzt vielleicht, hier. Es ist angenehm, in der Sonne am Fenster zu sitzen. Eine Schulklasse, die sich wohl auf einem Ausflug befindet, steigt in Tutzing aus. Es wird augenblicklich spürbar stiller im Abteil. Die Fahrt geht durchs Alpenvorland. Grauer Mischwald, Schneereste in den Senken. Dazwischen trockene Hochebenen, bleiches Gras. Links ein kleiner See, auf dem noch Eis schwimmt, ein Schwan am Ufer. Zwiebeltürme. Weilheim. Zugefrorene Tümpel. Am Bahnhofsgebäude ein rostiges Schild mit der Ortsaufschrift. Hing es damals schon? Hinter Weilheim tut sich links der Blick in die Berge auf, eine blassblaue Silhouette, sich scheinbar entfernend. Endlich, muss er gedacht haben. Hinter diesen Bergen erhoffte er sich die Rettung. Auch zur Rechten sieht er jetzt Bergketten. Die Gipfel im Schnee. Langsam, aber stetig, fährt er auf die Berge zu. Eine Melodie schießt ihm durch den Kopf, er denkt flüchtig an Tschaikowskys Symphonien, er sieht das Klavier, die Balalaika, seine Zeichnungen. und es durchzuckt ihn ein Schmerz wegen der Dinge, die er zurücklassen musste und jetzt schon vermisst, die er künftig immer vermissen wird. Einst, in einem anderen Leben, haben sie zu ihm gehört, einem Leben, aus dem er gerade verzweifelt hinaus fährt, mit unbekanntem Ziel. Und Hans. - er bricht den Gedanken ab. Hinter Uffing matschige Feldwege, Traktorspuren im Schlamm, rechts der Staffelsee, dahinter nah, viel näher schon, die Kulisse der Berge, Sonnenlicht in den Schneehängen, ein perfektes Modell für romantische Ölbilder, im Vordergrund Maulwurfshügel in den Wiesen, immer sehen sie ein bisschen wie frische Gräber aus. Könnte man sich doch unter der Erde verstecken! Bei Murnau schimmert der See weißlich vom Eis. Starres Wasser. Die Ohren dröhnen von der Stille. Er kann sich nicht satt sehen. Wie herrlich das Land ist. Diese Landschaft wird bleiben. Bleiben. Alles überstehen. Rechts rücken die Berge zum Greifen nahe. Ununterscheidbare Gipfel. Es geht ihm nicht schnell genug. Fahr, fahr. Ein Bachlauf in den Wiesen. Alles fließt von München fort. Fort. Pferde. Höfe. Die schroff aufragenden Hänge. Da hinüber jetzt. Weiter. Birken, Tannen,

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