Beschreibung
1909 erschien in Caputh ein bemerkenswertes Büchlein. Verfasst hat es der damalige Hauptlehrer und spätere Rektor der Caputher Schule, Rudolf Oelschläger. Bis heute ist es die einzige veröffentlichte Caputher Chronik geblieben. Das wirklich Außergewöhnliche dieser Arbeit ist die Genauigkeit, mit der Oelschläger die Fakten darstellt, so dass aus heutiger Sicht kaum eine Korrektur bzw. Ergänzung - abgesehen natürlich von den inzwischen vergangenen einhundert Jahren - notwendig ist.
Autorenportrait
Carmen Hohlfeld Rudolf Oelschläger (1854-1920) als Hauptlehrer und Rektor in Caputh Rudolf Oelschläger (1854-1920) war fast 30 Jahre im Caputher Schuldienst tätig, davon 5 Jahre als 1. Lehrer, 15 Jahre als Hauptlehrer sowie fast 10 Jahre als Rektor der Caputher Schule. Mit dem 37jährigen Oelschläger kam ein selbstbewusster, fleißiger, engagierter und noch dazu stattlicher, gut aussehender Mann nach Caputh. Da er nicht verheiratet war vielleicht war er seiner Zeit weit voraus und seine Schwester ihm den Haushalt führte, konnte er viel Zeit den sogenannten außerschulischen Dingen widmen. Als Beispiel dafür sei erwähnt, dass er schon ein Jahr nach seinem Hiersein den Gesangverein "Liedertafel" gründete. 1895 beschloss der Schulvorstand, den so vielseitig verwendbaren Oelschläger zum Hauptlehrer zu machen und damit eine einheitliche Leitung und Überwachung der Schulgeschehnisse zu erreichen. Man muss bedenken, es gab ja keinen Direktor! Das leitende Element der Schule war einzig und allein besagter Schulvorstand, bestehend aus dem Pfarrer und zwei angesehenen Caputher Hausvätern. Man muss sich das heute mal auf der Zunge zergehen lassen: Eine Schule mit 370 Kindern und nur fünf Lehrern, den neuen Hauptlehrer inbegriffen! Also, ich möchte nicht in seiner Haut gesteckt haben! Er war jetzt nicht mehr nur Lehrer, sondern quasi auch Schulleiter. Dafür bekam er eine jährliche Funktionszulage von 100 Mark! Und da Oelschläger hinter dem Geld her war wie der Teufel hinter der Seele, stimmte er zu. Der Caputher Schulvorstand schrieb eine Dienstanweisung - oder schrieb sie irgendwo ab, ich weiß nicht, ob das damals auch schon so üblich war -, die seine Rechte und Pflichten genauestens festlegte. Eigentlich hatte er sich um alles zu kümmern, Schulzucht und Unterricht zu überwachen, Lehrerkonferenzen abzuhalten, zu entscheiden, wer in die Schule aufgenommen wird und wer sie verlassen darf, die Stundenpläne aufzustellen, Inventuren durchzuführen und vor allem: nach oben zu berichten. Außerdem hatte er das Schülergrundbuch zu führen und die Schulchronik sowie sämtliche Unterlagen der Schule zu archivieren. Besagtes Schülergrundbuch und die Schulchronik sind uns überliefert und man kann aus heutiger Sicht sagen: Oelschläger war ein begnadeter Chronist. Mit großer Objektivität schildert er kurz und bündig die prägnanten, jährlichen Veränderungen an seiner Schule. Damit ihm für all das genügend Zeit blieb, beschränkte besagte Dienstanweisung seine zu unterrichtenden Stunden. Im Gegensatz zu den anderen vier Lehrern, die wöchentlich 30 Stunden zu geben hatten, wurden seine auf 26 beschränkt. Aber was war das alles, wenn er dafür im Jahr 100 Mark mehr erhielt! Immerhin: 100 Mark waren damals viel Geld. Einen halben Liter Bier z.B. gab es in der Kneipe schon für 8 bis 10 Pfennige! Und nicht zu vergessen: Oelschläger war auch noch Küster, wenn auch kein sonderlich beliebter. Das Küsteramt war mit vielen zeitraubenden Pflichten verbunden und verpflichtete auch zum Organisten. Wenn auch nicht sehr viele Caputher sonntags in die Kirche gingen, georgelt musste doch werden! Und bei jeder Hochzeit und Beerdigung hatte der Küster mit einem Kinderchor für die Umrahmung der Feier zu sorgen. Eine aufwändige Pflicht, das steht außer Frage. Genau sechs Wochen, nachdem Oelschläger seinen Zusatzjob übernahm, erfolgte in Caputh eine Schulrevision, die ihm ein tadelloses Zeugnis ausstellte. Es heißt darin: Der zum Hauptlehrer ernannte Lehrer Oelschläger übt sein Amt mit Umsicht und sichtbarem Erfolg aus. Überall herrscht Ordnung und Sauberkeit. Durch freundliche Behandlung versteht er, die anderen Lehrer zur einheitlichen Arbeit zu führen. Wie sagte meine Oma immer: Neue Besen kehren gut! Fakt ist: In Oelschlägers Dienstjahren als Hauptlehrer wurde in der Caputher Schule viel geschafft: Das 6klassige Schulsystem wurde 1897 eingeführt. Man unterschied Unter Mittel und Oberstufe und unterrichtete außer in Religion no