Beschreibung
Rudolf von Jhering legt in der faszinierenden, hier zum ersten Mal publizierten Wiener Antrittsvorlesung sein wissenschaftliches Glaubensbekenntnis ab. Damals, zu Beginn der Wiener Jahre (denen 20 Jahre in Göttingen folgten) hatte Jhering seine große geistige Krise, die ihn zum Wegbereiter des modernen Rechtsverständnisses gemacht hat, bereits in produktiver Weise bewältigt. Seine Gedanken sind heute noch immer aktuell. Die Jurisprudenz ist in ihrer Wissenschaftlichkeit stets bedroht. Ihr Todfeind, der Positivismus, versucht, den Juristen und vor allem den Richter zum Subsumtionsautomaten herabzudrücken und von der persönlichen Verantwortung für das Recht und die Gerechtigkeit freizustellen. Helfen kann dagegen nur ein umfassendes 'wissenschaftliches Bewußtsein in Dingen des Rechts', welches das Recht in seinen philosophischen, geschichtlichen und praktisch-juristischen Aspekten als ein rechtskulturelles, unter einem normativen Entwicklungsprinzip stehendes Ganzes erfaßt, für dessen Betreuung jeder Jurist verantwortlich ist. Die Vorlesung bestätigt, daß Jhering den Entwicklungsgedanken nicht Darwin verdankt, sondern eigenem, auf die 'Kulturerscheinung Recht' bezogenem Nachdenken.
Autorenportrait
Rudolf von Jhering, 1818-1892, Professor für Jura in Basel, Rostock, Kiel, Gießen, Wien und Göttingen. Verfasser des weltweit verkauften 'Kampf ums Recht'.Okko Behrends, geb. 1939, Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg, Genf, München und Göttingen. Promotion und Habilitation bei Franz Wieacker. Seit 1974 als dessen Nachfolger Professor für Römisches Recht, Bürgerliches Recht und Neuere Privatrechtsgeschichte an der Universität Göttingen.