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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783894807740
Sprache: Deutsch
Umfang: 192 S., 2.19 MB
Auflage: 1. Auflage 2002
E-Book
Format: EPUB
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Paris die Stadt der Liebe und des Eiffelturms, der verwinkelten Gassen und überfüllten Touristenbusse. Hier darf Onkel Boris, ein echter sowjetischer Held der Arbeit, Urlaub machen. Dass sich die vermeintliche französische Metropole zu Beginn des Herbstes in ein nebelverhangenes London verwandelt und in Wahrheit eine Kulisse in der südrussischen Steppe ist, werden die Besucher nie erfahren. Auf der Krim dagegen ist alles echt, selbst die angesengten Stiefel des im Krieg über der Halbinsel abgeschossenen Joseph Beuys. Und da genug von dem wertvollen Schuhwerk vorhanden scheint, lebt die Bevölkerung nicht schlecht von den Souvenir sammelnden Kunst-Touristen.
Ob in den entlegensten Winkeln der Welt oder in den Strassen der Metropolen, überall lauert das Unerwartete. Und wenn man Wladimir Kaminer als Reiseführer an seiner Seite hat, erlebt man unterwegs zwischen Sibirien und Dänemark, Moskau und Paris garantiert sein blaues Wunder ...

Autorenportrait

Wladimir Kaminer wurde 1967 in Moskau geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Toningenieur für Theater und Rundfunk und studierte anschließend Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Seit 1990 lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin. Er veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften und organisiert Veranstaltungen wie seine mittlerweile international berühmte "Russendisko". Mit der gleichnamigen Erzählsammlung sowie zahlreichen weiteren Büchern avancierte er zu einem der beliebtesten und gefragtesten Autoren Deutschlands. Alle seine Bücher gibt es als Hörbuch, von ihm selbst gelesen.

Leseprobe


Verfehltes Paris
Unser erstes deutsches Dokument, das wir im Polizeipräsidium am Alexanderplatz 1990 erhielten, war eine ostdeutsche Aufenthaltserlaubnis. Unserem alten Traum, dem Recht auf Reisefreiheit, waren wir dadurch nicht näher gekommen. Gleich auf der ersten Seite des Dokuments stand: »Beim Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik ist diese Aufenthaltserlaubnis bei der zuständigen Dienststelle der Volkspolizei oder dem Grenzkontrollorgan abzugeben. Gültig bis 30. 08. 2000.«
Wir planten dann auch erst einmal keine große Reise, wir waren froh, überhaupt ein Dokument bekommen zu haben. Es erlaubte uns immerhin, leise in unserem Ausländerwohnheim in Marzahn zu sitzen und die deutschen Biersorten kennen zu lernen. Man kann nicht alles auf einmal haben. Mir bereitete schon allein die Tatsache, dass ich nun nicht mehr in der Sowjetunion, sondern ganz woanders war, große Freude. Ich hatte auch früher schon versucht, unter dem einen oder anderen Vorwand die Sowjetunion zu verlassen, also das Weite zu suchen. Doch meine Vorhaben waren allesamt fehlgeschlagen. 1986 hatte ich zum Beispiel von der besten Freundin meiner Mutter, die einen Deutschen geheiratet hatte und in Berlin lebte, eine Einladung in die DDR bekommen.
Zuerst lief alles wie am Schnürchen: Ich gab die Urin- und Blutproben ab, und die medizinische Untersuchung ergab, dass ich gesundheitlich im Stande war, eine Auslandsreise zu verkraften. Nun hatte ich nur noch eine Klippe vor mir: das KIF - das Komitee für Internationale Freundschaft. Ohne seine Erlaubnis bekam ich keinen Reisepass. Die KIF-Funktionäre versammelten sich nur einmal im Monat. Sie waren für das ideologische Antlitz der sowjetischen Jugend im Ausland zuständig und versuchten natürlich, so wenige Jugendliche wie möglich ins Ausland zu lassen. Obwohl ich nur in die DDR wollte, die keine ideologischen Differenzen mit uns hatte, musste ich trotzdem beim KIF antreten. Und nicht allein, sondern mit dem Komsomol-Vorsitzenden der Theaterschule, an der ich damals studierte. Der Vorsitzende hatte mich schriftlich zu charakterisieren und mich quasi persönlich für die Reise zu empfehlen. Zum Glück war Oleg, unser Komsomol-Organisator, in Ordnung. Ich kaufte zwei Flaschen Wodka und stattete ihm einen Besuch ab. Anfänglich hatte er keinen Bock auf das ganze Theater: Die KIF-Sitzung sollte im hintersten Winkel Moskaus, in der Leningrader Chaussee, stattfinden. Doch nach ein paar Gläsern wurde er freundlicher:
»Angenommen, ich schreibe dir ein positives Gutachten, was bringst du mir dafür aus der DDR mit?«
»Was willst du denn haben?«, fragte ich zurück. Ich wusste damals noch gar nicht, was es in der DDR alles gab.
»Zwei Stangen Zigaretten der Marke Kent und eine Flasche Eierlikör«, klärte mich Oleg auf, der sich anscheinend besser auskannte als ich. Ich müsse mich gut auf die KIF-Sitzung vorbereiten und über die politische Situation in Deutschland Bescheid wissen, meinte er. Das war nicht besonders kompliziert. Über Deutschland und die europäische Nachkriegsgeschichte stand in unseren Lehrbüchern nicht viel. Die Informationen waren auf das Wesentliche reduziert und beanspruchten nicht einmal zwei Seiten. Die sowjetische Armee hatte es 1944-45 nicht geschafft, ganz Europa zu befreien, weil ein Teil davon bereits von den Amerikanern befreit worden war. Deswegen war Europa in zwei Lager getrennt, und die von uns befreiten Völker hatten sich dann freiwillig für den Sozialismus entschieden. Die anderen mussten einen kapitalistischen Weg einschlagen, weil sie von den Amerikanern unter Druck gesetzt wurden.
Mit Deutschland war es etwas komplizierter. Das Land war aus ideologischen Gründen geteilt worden. Alle Exnazis fanden in Westdeutschland Unterschlupf, und die Antifaschisten gründeten die sozialistische DDR. Die Mauer ist dann erst später dazugekommen: als Symbol des getrennten Deutschlands und weil die Westberliner die seltsame Angewohnheit entwickelt hatten, ihre kapitalistischen Westlöhne im pre Gesprächs bestand darin, herauszufinden, wozu ich überhaupt in die DDR fahren wollte und ob ich für eine solche Reise schon reif genug war. Wir belogen uns gegenseitig. Die Damen vom KIF taten so, als ob sie wirklich nicht wüssten, wieso ich in die DDR fahren wollte. Und ich tat so, als ob ich wiederum das nicht wüsste.
»Ich möchte den sozialistischen Alltag unserer Brüder in der DDR und die Sehenswürdigkeiten Berlins kennen lernen und außerdem Erfahrungen austauschen«, murmelte ich. In Wirklichkeit hatte ich vor, so viele Nazareth- und AC/DC-Platten in Ostberlin zu kaufen wie nur möglich und sie dann in Moskau für das Vierfache wieder zu verkaufen. Die DDR-Musikindustrie war damals in vielerlei Hinsicht der unseren überlegen. Der alte Krümelkacker vom Komitee wollte aber alles genau wissen: welche Sehenswürdigkeiten ich mir anschauen wollte und wie die sozialistischen Brüder mit Nachnamen hießen, deren Alltag ich kennen lernen wollte. Eine der Frauen las laut das Empfehlungsschreiben mit meinen Charaktereigenschaften vor, das Oleg für mich geschrieben hatte: »Wladimir Kaminer hat sich in der Gruppe als diszipliniertes und jedem gerne entgegenkommendes Mitglied erwiesen. Allerdings ist er oft bei der Staatsbürgerkunde nicht anwesend und nimmt nur beschränkt an der gesellschaftlichen Arbeit teil.«
»Was hast du geschrieben, du Idiot?«, zischte ich außer mir vor Wut in Richtung Oleg.
»Bleib ruhig«, antwortete er cool, »ich weiß, was ich tue. Alles läuft nach Plan.«
»Gut, dass Sie so ehrlich mit uns sind und Ihre Probleme vor den Genossen nicht verheimlichen«, sagte eine der Frauen zu mir und lächelte milde. »Aber warum gehen Sie denn nicht zur Staatsbürgerkunde und nehmen nur beschränkt an der gesellschaftlichen Arbeit teil, Wladimir? Erzählen Sie uns, was los ist.«
Ich fühlte mich verarscht. Ich hatte gar nicht gewusst, dass so eine Disziplin wie Staatsbürgerkunde an der Theaterschule überhaupt Pflicht war.
»Was soll ich dazu sagen«, antwortete ich. »Wahrscheinlich weil ich die Theaterschule nicht richtig ernst nehme. Ich wollte eigentlich Pilot werden, wie mein Onkel, habe aber den Gesundheitstest nicht bestanden.«
»Wunderbar, dass Sie beide so ehrlich zu uns sind«, freuten sich die alten Frauen. »Sie können gehen.«
Draußen beschimpfte ich Oleg.
»Du verstehst das nicht«, erklärte er mir. »Die Aktivisten sind sehr misstrauisch geworden. Die neue Linie besagt nämlich, dass wir zu unseren Fehlern stehen müssen. Wir müssen aus unseren Fehlern lernen, also brauchen wir auch welche. Selbstkritik ist angesagt. Man muss nun jeden Scheiß über sich und andere erzählen, wenn man bei denen gut ankommen will. Hauptsache ehrlich. Du wirst sehen, sie genehmigen.«
Er beruhigte mich. Trotzdem erhielt ich zwei Wochen später eine Absage. Der Grund dafür lag jedoch nicht beim Komitee für Internationale Freundschaft. Ein Student unserer Theaterschule, dazu noch ein Sohn eines berühmten Schauspielers, der gerne und oft Lenin spielte, hatte just in diesem Sommer versucht, über den Zaun des schwedischen Konsulats
zu klettern, um politisches Asyl zu beantragen. Man schickte ihn zu seinem Vater zurück. Und die Studenten aller Theaterschulen des Landes wurden mit einem generellen Ausreiseverbot belegt. Und ich blieb in Moskau auf meinen wunderbaren Urinproben sitzen und musste meine DDR-Einladung wegschmeißen. Erst fünf Jahre später schaffte ich den Sprung.
Schon wenige Monate, nachdem wir Deutschland erreicht hatten, wurden wir von der gerade aufgelösten DDR als humanitäre Flüchtlinge anerkannt, die aus einem gerade in Auflösung begriffenen Land, der Sowjetunion, kamen. Statt der ostdeutschen Ausweise erhielten wir neue westliche Papiere, schöne blaue Reisepässe mit zwei schwarzen Streifen auf dem Umschlag. In den Pässen stand, dass dieses Dokument zwar nichts über unsere Staatsangehörigkeit aussagte, uns aber gleichzeitig die absolute Reisefreiheit gestattete: »For all countries«, stand auf Seite sieben. Das war nat

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