Dass in Christian Lockers Geschichten die Realität als eine sehr relative erscheint, ist zumindest seit„Setzen! Nicht genügend!“ unübersehbar. In seinem neuen Roman dreht er der Logik und dem, was man landläufig Alltagserfahrung oder auch gesunden Menschenverstand nennt, wiederum eine lange Nase, eine besonders lange diesmal...
Paralleluniversen kennt die (ganz) moderne Physik durchaus, allerdings ändert sind der Charakter dieses Wortes, wenn er Fleisch bekommt, wenn ihn Menschen bevölkern: da steigen Personen aus Bildern, da steht eine längst verstorbene Mutter im Zimmer, aktuelle Morde geschehen mit einem Parierdolch, und am Wienerberg wird wieder gehängt, gehenkt, die DDR besteht weiter. Und die Schleuse zwischen den Welten scheint ein banales Büro, ein banales Ölbild in einem banalen Büro zu sein.
Ein Narrenzug skurriler Gestalten bevölkert ein ebenso skurriles Wien, dass eben gerade Fasching gefeiert wird und Verkleidungen zur allgemeinen Verwirrung beitragen, aber auch befremdliches Eigenleben gewinnen können, fügt allen Versuchen der Erleuchtung, der Ausleuchtung ein weiteres Irrlicht hinzu– Schatten wachsen überall.
Die Schriftstellerin Marianne Gruber sah sich durch Christian Lockers Prosa einmal auf Louis Aragon und Jorge Luis Borges verwiesen - große Namen, große Vorwürfe gewiss. Doch umgekehrt gesehen: Mehr hineingezogen zu werden in eine Geschichte, mehr einem Erzählsog ausgesetzt sein durch eine Geschichte als es bei„Den Galgenvogel abgeschossen“ sicher viele Leserinnen und Leser erleben und erfahren werden, ist nicht leicht möglich. Also warum nicht Aragon und Borges...