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Gedicht - keiper lyrik 28, keiper lyrik 28

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783903322875
Sprache: Deutsch
Umfang: 84 S.
Auflage: 1. Auflage 2023
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Mit Julia Costa meldet sich eine junge künstlerische Stimme zu Wort und Ton, die sich in mehrere Richtungen ausprobiert und dabei zunehmend ihr individuelles Profil entwickelt. Sie schreibt und performt Lyrik, spielt Gitarre, komponiert und singt. Schon ihr berufliches Engagement im Sozialbereich und als Bio-Gärtnerin lässt erkennen, dass Costas Denken und Handeln von Empathie und Verantwortung geprägt ist - von der Anteilnahme am Leben jener Menschen, die es schwerer haben als andere, aber auch von der behutsamen Wahrnehmung des Lebendigen an sich, etwa des Pflanzlichen und seiner wiederkehrenden Kreisläufe. Dies findet, wie könnte es anders sein, auch in ihrer künstlerischen Arbeit seinen Ausdruck. Costas erste Buchveröffentlichung erzählt von einer Ankunft, vom allmählichen Fußfassen im Lauf eines Jahres an einem zunächst noch fremden, befremdlichen Ort. Wir erleben, wie ein namenloses Du um Ortsverbundenheit und Verwurzelung ringt, wie die innersten Antriebe und Beweggründe des Menschseins sich im Hier und Jetzt verwirklichen und die konkreten Umrisse eines Lebens annehmen wollen, auf das sich blicken und zurückblicken, von dem sich erzählen lässt. Dieses Ankommen fällt nicht leicht und ist von Zweifeln begleitet: 'du hast hier noch keine Geschichten / und keine Gestalt', heißt es zunächst; beides entsteht erst allmählich, bis sich irgendwann sagen lässt: 'schau / das ist es, was du brauchst / hier / hier ist das Leben'. Das Hier erweist sich als Möglichkeitsort, als Herausforderung, das traumatische Vergangene zurückzulassen, das eigene Leben in die Hand zu nehmen, seine eigene Geschichte zu schreiben und dabei auch die Teilhabe am großen Ganzen zurückzuerobern: 'Dinge, die Kreise ziehen / du bist ein Teil davon / auch wenn du es vergessen hast'.

Autorenportrait

Julia Costa, 1989 in Innsbruck geboren, in der Schweiz in Zug und Bern aufgewachsen. Schreibt lyrische Texte, Gedichte und schweizerdeutsche Lieder. Arbeitete im Sozialbereich an einer Blindenschule und mit autistischen Kindern und Jugendlichen und absolvierte eine Bio-Gärtnerlehre. Seit 2013 spielt sie Konzerte, 2018 erste Lesungen von Kurzgeschichten, Gedichten und Ausschnitten aus dem noch unabgeschlossenen Projekt Tagfalter und Nachtdiebe in Österreich und der Schweiz, außerdem Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften. 2019 erschien ihre Solo-CD Novemberkind, 2022 die Vinylpostkarten-EP verschwunde. Für das Projekt Tagfalter und Nachtdiebe wurde ihr im Juli 2019 ein Startstipendium für Literatur zuerkannt. Die Lyrikverfilmung zu ihrem Text Märchen wurde 2022 am Zebra Poetry Film Festival in Berlin gezeigt. Aktuell arbeitet sie als Schulassistenz für Kinder mit Beeinträchtigungen und in der Freizeitbetreuung mit Jugendlichen.

Leseprobe

erzähl deine Geschichte sag: es war einmal und beginn am Anfang erzähl von deinen goldfarbenen Ideen von deiner abblätternden Haut von deinen Irrwegen erzähl von den Menschen von deinen Tagen unter ihnen von ihren stacheligen Fragen erzähl von deiner Sucht nach Informationen in einer Sprache die du verstehst egal, was geschieht bleibe hier versprich nicht vor deiner Zeit zu gehen [.] deine Ankunft in einer fremden Stadt dein Warten auf Dokumente die Erlaubnis hier zu sein die Erlaubnis in einer Wohnung zu schlafen die Erlaubnis in einem Supermarkt einzukaufen die Erlaubnis einen Namen zu tragen die Erlaubnis am Leben zu sein die Erlaubnis zu arbeiten einen Job zu suchen, bei dem du nicht leiden oder dich erniedrigen musst oder zumindest nicht sehr [.] nimm dieses Reißen aus deiner Brust schreib es auf ein Formular als wäre es dein Name Dokumente Meldezettel Versicherungen Kontodaten Termine Befehle immer sollst du deine Geschichten erzählen dabei willst du dich nicht erinnern sie machen dich so müde und die unwichtigen Dinge Daten, Zivilstand, Kontostand alles preisgeben wem gehört dein Name? deine Sprache? dein Alter? dein Geschlecht? deine Adresse? deine Sozialversicherungsnummer? wem gehört der Boden auf dem du anwachsen sollst? was bist du gewesen da wo du hergekommen bist? was bist du im Innersten? hast du Musik gemacht? hast du Geschichten erzählt? hast du dich um die Kinder gekümmert, hast du sie unterrichtet? hast du Häuser gebaut oder Instrumente oder Schuhe oder Möbel hast du Computer geflickt oder Blumen verkauft? bist du ein Mensch gewesen? und was bist du jetzt?