Beschreibung
Jürgen Große hält den Philosophen schonungslos den Spiegel vor. Mit Bosheit und Humor charakterisiert er sie - die Beweislastigen, die Denkerdarsteller, die Verantwortungsfrohen, die Ernstgehaltenen; er porträtiert den Weltaufschließer und die Betonungsreiche, den Zweifelstüchtigen und den Übernietzsche. Ein Lesevergnügen für alle, denen die "Gedankenmacher" schon immer suspekt waren.
Leseprobe
Die Beweislastigen Wenn man einmal unvermutet auf eine Gesellschaft von Philosophen trifft, dann betäubt die warm wirbelnde Luft der Beweisreden, deren Sendung nur vorläufig verborgen scheint. Sie bleibt es jedoch. Die Betäubung klärt sich zum Gefühl, dass hier eine erkünstelte Hitze das Klima bestimme, es findet seine Erklärung an dem Mangel der Sendung, des Anlasses, der Verpflichtung: In der Philosophen-Gesellschaft denkt man erklärtermaßen nicht, um etwas zu beweisen und alsdann in Ruhe zu lassen; das führt nun aber nicht etwa zum entspannten Geplauder, sondern zur entfesselten, nicht abreißenden Beweisrede. Ein Denker, der irgendwas beweisen muss, fühlt immerzu seine Fragwürdigkeit und seine Freiheit in der Bindung ans Bewiesenseinwollende, und man fühlt mit ihm. Überhaupt lässt sich hier etwas fühlen, jeder Millimeter, den das Denken ausholt, um sich von seinem Beweisgrund zu entfernen, erzeugt ein moralisches Ziehen, Drücken und Ächzen; im Mitgefühl für den Redlich-Verzerrten begreift man, dass nur das Denken so frei ist, sich missbrauchen zu lassen. Das Denken, wo freigelassen, ist gewiss räuberisch, es geht auf Beute und lebt für den Verzehr, es lebt aber von der Hand in den Mund, hat jedenfalls in nichts anderem seinen Wert als in seiner Nahrung; ein Denker lebt nicht neben irgendwelchen Gedanken, die sich weder fassen noch fressen lassen, er hat kein Verhältnis zum vorgesetzten oder vorgefundenen Leblosen, er hat keine Nebengedanken. Philosophen vertrauen darauf, dass sich immerzu Gedanken finden, die sich zubereiten und verzehren lassen, nachdem ihnen das Philosophieren, dieses Würzen alles Vorhandenen, sein Aroma, seine Rechtsgründe seinen Wert mitgeteilt habe. Das Philosophieren will seinen eigenen Wert haben, und deshalb vermag es weder Gefühl noch Mitgefühl zu erwecken; die damit Beschäftigten wirken verdächtig. Nichts zwingt sie ja, die Luft des Rechtbehaltenmüssens zu atmen und umzurühren, doch gerade bei ihnen schnauft es von Beweis und Not und Gewicht. Man bringt es nicht fertig, sich von ihnen irgendwohin gezwungen zu fühlen, weshalb ein Kunstgeruch schon am Lehrling, dem naht mit der bekannten Zwangsmiene. Interessierten, zu kleben scheint, der ihnen ungezwungen
Inhalt
Inhalt I Charaktere Die Beweislastigen ________________________________ 11 Die Generalvertreter ______________________________ 13 Die Verantwortungsfrohen _________________________ 17 Die Denkerdarsteller ______________________________ 19 Die Unbedenklichen ______________________________ 22 Die Unglücksverräter _____________________________ 24 Die Gedankenmacher _____________________________ 29 Die Geistesarbeiter ________________________________ 31 Die Lieblosen ____________________________________ 37 Die Triebtraulichen _______________________________ 43 Die Trauerlosen __________________________________ 46 Die Stillosen _____________________________________ 49 Die Podestalen ___________________________________ 53 Die Ernstgehaltenen ______________________________ 55 Die Ehrgeizplatonischen ___________________________ 59 Die Erstaunlichen ________________________________ 63 Die Exaltierten ___________________________________ 65 Die Schwindelhaften ______________________________ 68 Die Schaumgeborenen ____________________________ 70 Die Selbstironischen ______________________________ 73 Die Sterbekünstler ________________________________ 81 Die Lächerlichkeitsvermeider ______________________ 84 Die Angstbereiten ________________________________90 6 II Porträts Der Unschuldskain ______________________________ 95 Der Ermächtigungsfloh ___________________________ 97 Der Inspektorkäfer _______________________________ 101 Die Seitenraupe _________________________________103 Der Weltaufschließer _____________________________ 106 Die Betonungsreiche _____________________________ 109 Der Gottesaustreiber _____________________________113 Der Selbsterkenntliche ___________________________118 Der Dankwart ___________________________________ 129 Der Mitkant _____________________________________ 132 Der Vorwortreisende _____________________________141 Das Kriegskaltblut _______________________________ 145 Der Menschenerkenner __________________________156 Der Metaphysikgestatter __________________________ 165 Der Mangelkünder _______________________________ 168 Die Modernemonas ______________________________172 Der Zweifelstüchtige _____________________________182 Der Feindbildhafte _______________________________ 185 Der Lehrstuhlentschlossene _______________________ 191 Der Sekundärentzückte ___________________________ 197 Die Selbstdenkerin _______________________________ 201 Der Übernietzsche _______________________________ 203 Danksagung ____________________________________ 219 Zum Autor ______________________________________ 221
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