Kafkas Leoparden

Roman, Lilienfeldiana 18

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783940357335
Sprache: Deutsch
Umfang: 136 S.
Format (T/L/B): 1.5 x 18.6 x 11.2 cm
Einband: Halbleinen

Beschreibung

1916, kurz vor der Russischen Revolution, begibt sich der junge Benjamin im geheimen Auftrag Trotzkis aus seinem jüdischen Dorf nach Prag. Dort gerät aber alles durcheinander, und ein Text Franz Kafkas, der vielleicht eine Geheimbotschaft enthält, führt in wahrhaft kafkaeske Situationen und wirkt sich bis in die Zeit der brasilianischen Militärdiktatur nach 1964 aus. "Kafkas Leoparden" ist ein Meisterwerk des großen brasilianischen Autors Moacyr Scliar, und der Gastland-Auftritt Brasiliens zur Frankfurter Buchmesse 2013 ist willkommener Anlaß, endlich wieder an diesen zeitgenössischen Klassiker seines Landes zu erinnern. Scliar reizte "die fließende Grenze zwischen dem Literarischen und dem Humorvollen, dem Realen und dem Absurden", wobei an seinen Texten auch die besonders einzigartige Mischung aus Jüdischem und Brasilianischem fasziniert. Der Roman über ein durch einen Text von Kafka geprägtes Schicksal erscheint zum ersten Mal in deutscher Übersetzung.

Autorenportrait

Moacyr Scliar wurde 1937 im brasilianischen Porto Alegre geboren. Seine Eltern waren jüdische Einwanderer aus Bessarabien, die ihm als Zeichen der Verbundenheit mit der Kultur ihrer neuen Heimat einen indianischen Vornamen gaben. Er studierte Medizin und arbeitete bis 1987 als Arzt. Er selbst faßte zusammen, er sei "Schriftsteller, Arzt und Jude - was nur dazu da ist zu zeigen, welche Bürden ein menschliches Wesen fähig ist, mit sich herumzuschleppen." Seine hochgelobten Kurzgeschichten und Romane wurden in viele Sprachen übersetzt, drei seiner Romane in den 1980er Jahren auch ins Deutsche ("Der Zentaur im Garten", "Die Ein-Mann-Armee" und "Das seltsame Volk des Rafael Mendes"). 2011 ist Moacyr Scliar in seiner Geburtsstadt gestorben.

Leseprobe

Fangen wir mit Benjamin an, dessen Foto sich in unserem Familienalbum befindet, das ich hier vor mir habe. Es ist dasselbe verblichene Foto, das sich auf seinem Grabstein auf dem israelitischen Friedhof befindet. Auffällig ist sein erschrockener Gesichtsausdruck - typisch für meinen Onkel. Er wurde Ratinho genannt, kleine Maus (und das war kein Deckname, sondern tatsächlich sein Spitzname): seine schwarzen Äuglein und die abstehenden Ohren erinnern an eine Maus - nicht diese fröhlichen Mäuschen aus Kindergeschichten, sondern eher eine melancholische, einsame, zurückgezogen in ihrem Loch kauernde Hausmaus. Ratinho war arm. Als guter Schneider hätte er viel Geld verdienen können. Aber es war nicht so. Erstens war das traditionelle Schneidergewerbe nach und nach von der Bekleidungsindustrie verdrängt worden, so dass ihm im Laufe der Jahre viele Kunden, darunter einige in Porto Alegre sehr bekannte Persönlichkeiten, Journalisten, Politiker, Fußballspieler und Polizeioffiziere, abhanden kamen, und zweitens begann Ratinho mit zunehmendem Alter recht eigene Theorien in Sachen Bekleidung zu entwickeln. Beispielsweise vertrat er die Ansicht, linke Ärmel müssten grundsätzlich kürzer sein als rechte ("damit man besser auf die Armbanduhr schauen kann") und fertigte Jacketts daraufhin nur noch nach dieser Devise, was freilich zahlreiche seiner Kunden verunsicherte, wenn nicht gar ärgerte. Doch er wies jeden Einwand zurück und bezeichnete die Unzufriedenen als "rückständig" oder "reaktionär". Man müsse mit der Zeit gehen, sagte er, denn der Fortschritt sei unaufhaltsam.

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