Beschreibung
Die Geschichte der Philosophie ist geprägt von einem Denken in Gegensätzen - dazu zählt auch das Oppositionspaar von Aktivität und Passivität. Die dabei bislang unbezweifelte Bevorzugung der Aktivität gerät zunehmend in Verruf, und es scheint, als antwortete man auf philosophischer Seite mit einem gesteigerten Interesse an Phänomenen des Passivischen auf ein Unbehagen am Vorrang des Tuns. Die Appelle und Ansprüche an das eigenverantwortliche Tätigsein sind im Alltag in einer Weise angewachsen, dass sie mit Unmut, wenn nicht mit Verweigerung oder krankhaften Störungen beantwortet werden. Das heutige Subjekt ist als 'unternehmerisches Selbst', wenn es sich verweigert, nicht deviant und gesetzesbrecherisch, sondern es versagt, ist ausgebrannt und kann nicht mehr. Diese Schwächung des Könnens der zur kreativen Selbstverwirklichung angehaltenen Individuen setzt auch jenes Nichtstun und jene 'tiefe Langeweile' der vita contemplativa außer Kraft, die man lange als Bedingung wirklicher Erfahrung und eines ihr entspringenden schöpferischen Handelns angesehen hat.
Autorenportrait
Kathrin Busch lehrte Kulturtheorie und Kulturwissenschaften an der Merz Akademie und ist seit 2010 Professorin an der Universität der Künste Berlin.