Max Esterl und die Rachelnippel

Max Esterls elfter Fall ¿ Ein Böhmerwaldkrimi, Böhmerwaldkrimis 11, von Ossi Heindl

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783955111854
Sprache: Deutsch
Umfang: 250 S.
Auflage: 1. Auflage 2023
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ossi Heindl Max Esterl und die Rachelnippel Max Esterls elfter Fall ¿ Ein Böhmerwaldkrimi 700 Jahre Frauenau. Der kleine Glasmacherort am Fuße des Rachel im Bayerisch-Böhmischen Grenzgebirge feiert sein Gründungsfest und die Wiedereröffnung des altehrwürdigen ¿Gistlsaals¿. Die Festlaune im Dorf wird getrübt, als bekannt wird, was die Pächter des Saals als erste Veranstaltung planen: Die Erotikmesse ¿Rachelnippel¿. Dann wird ein wertvoller Glasschatz gestohlen, den die Gemeinde unbedingt braucht, um ihre Schulden zu begleichen. Jetzt kann nur noch einer helfen: Ex-Kommissar Max Esterl. Pressestimmen zu Ossi Heindl: Wie gewohnt packt Ossi Heindl Seelenbilder der Menschen und der Landschaft mit aktuellen Ereignissen in eine spannende Krimihandlung. Quelle: Hannelore Summer in ¿Schöner Bayerischer Wald¿, November/Dezember 2022, Nr. 269 ISBN 9783955111854 14,90 ¿

Leseprobe

Prolog Die Flucht (Herbst 1946) ¿Loss des liegen!¿ Franz Hasenkopf, der Meister, bedeutete seinem Buben, dem 16-jährigen Rudi, mit einer Handbewegung, dass er alles Glasmacherwerkzeug zurücklassen sollte. Rudi, der Lehrbub, weinte. ¿Vater, wos soll mer denn toa, ohne Werkzeig? Da kimma ja aa draußt bei de Boiern koa Glas net mocha.¿ ¿A Werkzeig krejgt ma überoll, aber des Glos, wos ma mir mitnehmand, des krejgt ma nirgends mehr. A so a Glos macht heit koana mehr auf da Welt, wia ma´s mia da gmocht hamd, da in der Klostermühle.¿ Der Meister packte die Vasen aus dem Musterschrank eine nach der anderen in Papier und verstaute sie vorsichtig in drei großen Rucksäcken. ¿De Zeit is vorbei, Bua. Mia mejssma furt! Der bluats Kriag hat olles hi gmocht. Koana is mehr da, der sich um ebbs kümmert. Mia hamma de letztn. Und moagn werdn´s scho kemma, und wenns do hand, dann iss z´spät. Dann nehmands uns ois! Du kanntst as am End no dalebn, Bua, aber i nimma. I kimm nimma do her zu unsana Gloshüttn. Olle hamds scho vertrieben. Da gonze Böhmerwold is scho so laar, so laar wej, wej¿¿, dem Meister fiel kein Vergleich ein. ¿Wej mei Taller wenn´s an Sterz und a Kraut gebn hat¿, versuchte der Bub ein Bild für das schier Undenkbare zu finden. Der Vater lachte bitter. ¿Ejtz hoißt´s Abschied nehma. Abschied für immer! Da: pack´s ei, des Glas. Steh net a so ummananda. Heit aaf d´Nacht mejss ma no des letzte Mal umme. Des hand wieder sechs Stundn Fuaßmarsch bis aaf d´Grenz. Mit de schwarn Vasn wahrscheinla no mehra. Aber de Vasn, de hand unser Zukunft, dei Zukunft!¿ Zwei Mal schon war der Vater in den letzten Tagen über die Grenze nach Bayern gegangen. Zwei Mal hatte er Glas, wertvolles Glas hinüber gebracht und in einem Haus knapp jenseits der Grenze bei Bekannten deponiert. Jetzt wollte er zu seinem letzten Gang aufbrechen und seinen Buben mitnehmen. Mit seinen rissigen Fingern strich der alte Meister über eine auch noch im Dämmerlicht geheimnisvoll blau irisierende edle Vase. ¿De han i no gmocht, da bin i kaam älter gwen wia du ejtz. Des is no de guade Zeit gwen. Da hat unsa Lötz-Glos no an Weltruf ghot. De und de andern wenn ma vokaffa kinnand, dann kimma aft nei ofanga.¿ ¿Aber Vota, wer hat denn so vej Geld, dass er des ollas kaffa kann?¿ ¿I woaß scho oan. Der hat des Geld. Und der hat aa den Verstand, dass er woaß, wos unser Glos wert is.¿ ¿Und wer is des, Vota?¿ ¿Morgn hamma durt bei eahm, wenn ois guat geht und wenns uns net dawischnd, ummezou über Rehberg und hintre übern Mittagsberg aaf d´Grenz. ¿Bei wem, Vota, bei wem hamma morgn?¿ ¿Beim Gistl in Frauenau.¿ Bis Rehberg hinauf war es noch ganz gut gegangen. Erst die Ou (Wottawa) entlang, da waren sie noch frisch gewesen. Der Rudi, der für sein Alter schon recht kräftig war, trug zwei Rucksäcke, der alte Franz einen. Die ersten zwei Stunden marschierten sie im Finstern den Fluss hinauf, dessen Rauschen den Franz ein Leben lang begleitet hatte. Ihr Häusl, nicht weit entfernt von der Glashütte und der berühmten Spaun-Villa, war an einem kleinen Hang direkt oberhalb der Wottawa gestanden. Hier war der Franz aufgewachsen und sein Leben lang war er gut Freund mit den schwarzen Wassern gewesen, auch wenn diese manchmal im Frühjahr bedrohlich angewachsen waren, weiße Schaumkronen aufgesetzt hatten und immer wieder auch Stücke seines kleinen Gartens mitgenommen hatten. Oft war er mit seiner Frau Maria am Abend auf dem Hausbankl gesessen und sie hatten hinuntergeschaut auf die Fluten und die Maria, die im Glasmacherdorf Eleonorenhain an den Ufern der Moldau aufgewachsen war, hatte ihr Lieblingslied angestimmt: ¿Auf d´Wulda, auf d´Wulda, scheint d´Sunna so gulda¿¿ Und dann hatte er, der Franz, mit seinem Tenor, die Überstimme zum Refrain gesungen: ¿Da schwimmand de Scheiter talab allweil weiter, und koans kimmt mehr zruck.¿ Franz liefen die Tränen durch seinen weißen Bart. Zum Glück musste seine Maria das alles nicht mehr erleben. Vor fünf Jahren, im Anfangsjahr des großen Krieges, als alle noch begeistert waren vom großen Führer, da hatte der Franz seine Gattin beerdigen müssen. Er selber hatte sich zurückgezogen. Als junger Glasmacher, damals in Deffernik war er Sozialdemokrat gewesen und das war er in seinem Herzen auch geblieben. Mit dem Henlein- und Hitlerkult, der aus dem Reich in den Böhmerwald geschwappt war, hatte er nichts anfangen können. Zum Glück war er schon zu alt und sein Bub noch zu jung gewesen. Keiner von ihnen hatte in den Krieg ziehen müssen. Der Krieg war verloren gegangen und sie mussten ihre Heimat verlassen, weil die Sieger es so wollten. Und jetzt waren sie auf dem Weg hinüber. Hinüber nach Bayern. Hinüber in eine ungewisse Zukunft. Zwischen Rehberg und Stubenbach, kurz hinter der Moosau, hörte der Alte ein Geräusch, das nicht hierher in die Stille der Böhmerwaldnacht passte. Franz stoppte, der Rudi, der wie in nächtlicher Trance hinter ihm hergegangen war, wäre bald in ihn hineingelaufen. ¿Wos is, Vota?¿ ¿Psscht! Bi staad! Da kimmt ebbs.¿ Schweigend verhielten die beiden einige Augenblicke. Da! Jetzt hörte es der Rudi auch. Ein Wunder, dass der Vater, der sich die letzten Jahre mit dem Hören immer schwerer getan hatte, das Geräusch vor ihm wahrgenommen hatte. Motorengeräusch war das. Ein Lastwagen. Den Straßengraben zu queren war gar nicht so einfach mit ihrer Last, die noch dazu ebenso zerbrechlich wie wertvoll war. Während Vater und Sohn hinter einer alten Fichte Zuflucht suchten, näherten sich die Geräusche und bald schon sahen die zwei auch Scheinwerferlicht, das seinen Weg durch den Wald suchte. Ganz dicht drückten sie ihre zitternden Leiber an den Fichtenstamm, der zum Glück einen solchen Umfang hatte, dass sie beide hinter ihm verschwanden. Rudi war mit den Fingern seiner rechten Hand in ein Rinnsal von Baumpech geraten, das ihn direkt am Stamm kleben ließ. Aber er achtete nicht darauf, denn die Scheinwerfer des Fahrzeugs, es schien ein alter deutscher Wehrmachtslastwagen zu sein, leuchteten für kurze Zeit genau in ihre Richtung. Wenn die tschechische Grenztruppe sie erwischt hätte, dann wären sie beide wohl im Gefängnis oder ¿ noch schlimmer - in den Bergwerken gelandet, von denen sie in der letzten Zeit öfter gehört hatten. Ihre schwere Straftat, der illegale Grenzübertritt, würde noch um ein Vielfaches verschlimmert werden durch ihren Raub des Volksvermögens und keiner würde es ihm, dem Franz Hasenkopf, Glasmacher aus Klostermühle, glauben, dass fast die Hälfte der Vasen von ihm selber gefertigt worden und in seinem Privatbesitz war. Während sich der Lastwagen Richtung Rehberg entfernte, kamen die zwei Glasmacher hinter dem Baum hervor, der ihnen Schutz gewährt hatte, querten den Straßengraben und marschierten weiter. Rudi wischte sich die vom Baumpech klebrigen Hände an seiner tscherkenen Joppe ab. ¿Glei doama rastn, Rudi¿, beschied der Glasmacher seinem Sohn. ¿Da, vor der Hauswaldkapelln, da is a Bankerl, da kimma uns a paar Minutn hisetzn und du kannst wos essn.¿ Ihm selber war nicht nach Essen, aber der Bub brauchte sicher eine Stärkung. Die Rast an der Hauswaldkapelle hatte der Franz ganz bewusst gewählt. Dort hatte er, vor vielen Jahren, seine Maria kennen gelernt, am Frauentag, bei der großen Wallfahrt hierher. Aus dem ganzen Böhmerwald und sogar aus dem Bayerischen waren damals die Pilger alljährlich zu Mariae Himmelfahrt hierher gekommen, nach Rehberg, dem kleinen Kirchdorf im höchsten Böhmerwald. Auch er war von der Klostermühle hier herauf gekommen, allerdings weniger aus religiösem Anlass. Franz hatte zwei seiner Lehrjahre bei einem mit seinem Vater gut bekannten Meister an der Glashütte in Hurkenthal abgeleistet und dort mit dessen Sohn Michael Freundschaft geschlossen, eine Freundschaft, die sie beide jedes Jahr bei der Hauswaldkirchweih neu bestätigten. Im Jahre 1926, er hatte sich in der Klostermühle gerade eine Position als bester unter den Nachwuchsglasmachern erworben, machte sich Franz wieder auf zur...