Eingeschneit

Eine Studentengeschichte

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9791041949335
Sprache: Deutsch
Umfang: 24 S.
Format (T/L/B): 0.2 x 22 x 17 cm
Auflage: 1. Auflage 2023
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Es war in den Jahren, da einen weder die Wissenschaft noch der Geldbeutel durch ihre Schwere drücken, als sich etliche Studenten von Erlangen aufmachten, um die Welt zu besehen, ob sie auch wirklich so rund sei, wie der Herr Professor sagte. Es waren ihrer drei, die dies Experiment machen wollten. So verschieden sie auch sonst waren, in einem waren sie eins: sie waren drei wackere Musikanten. Der eine sang einen hohen Tenor und brauchte keine Feuerleiter, um zum hohen C hinaufzuklettern; der zweite hatte eine schöne melodische Mittelstimme, und des Basses Grundgewalt war dem dritten verliehen. In hübschem "wassergeprüften" Sacke verpackt war das Notenbuch eines jeden umgehängt, um gleich losschießen zu können. Zwei hatten einen ehrlichen Ranzen, der dritte aber hatte von einer "Nichte" eine Reisetasche, mit Blumenbouquetten verziert, erhalten und trug sie derselben zu Ehren. Die Finanzmittel waren sehr mäßig und auf kein "Hotel du Lac" oder desgleichen, wohl aber auf die niedere Tierwelt berechnet, auf "Bär" und "Ochsen," "Hirsch" und "Schwan" und im Notfall auch auf Heuschober und Tannenbäume. Aber die klingenden Stimmen und die klingende und singende Brust waren mehr wert als die klingenden Münzen. "Hatman nichts mehr, dann sieht man auch nichts mehr, so wird rechts abgeschwenkt und umgekehrt," das war die Reiseparole. So die drei. Derweilen sie ausziehen und mit feinem Instinkt die Gassen vermeiden, in welchen es noch etwas zu zahlen gab, ging zu London in Regentstreet Nr. 86 ein großer hagerer Herr, dem man den Engländer auf tausend Schritt ansah, in seiner Stube auf und ab. Auf dem Tische lagen der rote Bädeker, der auf englisch "Murray" heißt, und Landkarten. Er hatte offenbar Reisegedanken. Und niemand hinderte ihn daran, weder sein Weib noch sein Geld. Denn das erste besaß er nicht, desto mehr aber vom zweiten. Ob ihn am Fuß das Zipperlein plagte oder im oberen Stockwerke der Spleen, oder ob er um diese Zeit überhaupt gewohnt war, sich in London unsichtbar zu machen, das weiß der Verfasser nicht zu sagen.Er öffnete das Fenster und schaute hinaus auf die wogende Straße, auf der sich in der lauen Sommernacht die Leute herumtrieben, klopfte an sein Barometer und sah nach, wie viel Uhr es darauf geschlagen, und klingelte zuletzt. Ein alter rotköpfiger Bedienter in herrschaftlichem Kleide kam herein. "James, wir reisen morgen um 10 Uhr. Du wirst die Koffer packen und nichts vergessen. Den Thee habe ich hier, die Maschine ist dort. Sorge für alles, alter Junge, und für Dich selbst. Du weckst mich früh um 6," so befahl in weichem Tone der Herr dem Rotkopf.

Autorenportrait

Emil Wilhelm Frommel (* 5. Januar 1828 in Karlsruhe; gestorben 9. November 1896 in Plön) war ein deutscher evangelischer Theologe und Volksschriftsteller, Dichter, Hofprediger, Militäroberpfarrer und Erzieher der kaiserlichen Prinzen in Plön.

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