Beschreibung
Fiktionen und Narrationen spielen in der Ökonomie in unterschiedlichen Formen eine zentrale Rolle, sei es als ,große Erzählungen' oder Metaphern in der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie, als Zukunftserwartungen spekulativ handelnder Akteure, als Renditeversprechen von Aktiengesellschaften, als Werbemaßnahmen von Finanzdienstleistern, in Prognosen wirtschaftlicher Entwicklungen, in der Legitimation politischer Maßnahmen oder, ganz grundlegend, im Mechanismus der Wertzuschreibung des Geldmediums. Anders als literarische Fiktionen, die im Modus des Als-Ob operieren, sind ökonomische Fiktionen in der Regel darauf angelegt, Erwartungen und Wünsche so zu behandeln, als sei es gewiss, dass diese Realität werden. Der Verzicht auf den Einsatz expliziter Fiktionssignale in ökonomischen Narrativen bewirkt darüber hinaus, dass nicht allein der fiktionale Status des Dargestellten verschleiert wird, sondern auch, dass zuweilen nicht einmal überdeutliche Fiktionssignale - wie Merkmale des Wunderbaren bzw. Märchenhaften - als solche wahrgenommen werden. Der vorliegende Band bietet interdisziplinäre Perspektiven auf Aspekte der Fiktionalität und Narrativität in der Ökonomie, die bislang kaum untersucht wurden. Bedeutet jede Form der Narrativierung immer schon einen Grad an Fiktionalisierung? Inwiefern gibt es hier graduelle Unterschiede? Und wie lassen sich unterschiedliche ökonomische Fiktionen in diesem Kontext differenziert beschreiben und einordnen?